Zu wenig gefährlich, zu wenig Liebschaften

Kultur

Liest man „Gefährliche Liebschaften“, den Briefroman von Ambroise-François Choderlos de Laclos, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren: Die französischen Adeligen des 18. Jahrhunderts hatten viel Tagesfreizeit und wenig anderes zu tun, als einander nach allen Regeln der Kunst flachzulegen.

Das Buch erschien 1782 und war beim Publikum ebenso ein Skandal wie ein Erfolg. Schon bald gab es zahlreiche Neuauflagen.

Im Mittelpunkt stehen der  Vicomte de Valmont und die Marquise de Merteuil und zwei Intrigen: Die Merteuil will, das Valmont die junge, tugendhafte Cécile de Volanges verführt, weil dieser das Interesse eines ehemaligen Liebhabers Merteuils gilt. Als Lohn winkt Valmont eine Nacht mit Merteuil.

Valmont wiederum will die prüde  Madame de Tourvel verführen, um seinen Ruf als Eroberer zu festigen.

Tommy Hetzel

Szenisch

Am Wiener Burgtheater hatte jetzt eine „szenische Lesung“ der Geschichte Premiere, in Zusammenarbeit mit  dem Hamburger Theaterfestival.

Jan Bosse hat „eingerichtet“ – das Wort „inszeniert“ vermeidet das Burgtheater, das übrigens kein Programmheft zu der Vorstellung aufgelegt hat. Martin Wuttke spielt den Valmont, Caroline Peters die Marquise de Merteuil.

Die Handlung wird von Carolina Bigge mit rüder Livemusik an Gitarre und Schlagzeug ganz hervorragend begleitet und kommentiert.

Matratzen

Die Bühne ist bis auf einen Haufen Matratzen kahl, gespielt wird nur ganz vorne, der Bühnenhintergrund ist mit einem schäbigen weißen Vorhang abgedeckt.

In historischen Kostümen (Tabea Braun) lesen und spielen Wuttke und Peters einander ihre Briefe vor (gespielt wird eine stark gekürzte Fassung von John von Düffel).

Der Abend leidet daran, dass er weder Lesung – da säßen die Akteure an einem Tisch, das Textbuch vor sich – noch Theatervorstellung ist – da könnten die Darsteller den Text auswendig –, sondern etwas dazwischen. Teile des Textes werden auswendig gesprochen, meistens aber laufen die Schauspieler mit Textblättern herum, wobei Peters textsicherer ist als Wuttke.

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Richtige Spannung will nicht aufkommen, die Darsteller interagieren zu wenig miteinander, und die Vorstellung hat zu wenig Gefährlichkeit und, ja, zu wenig Sex. Dass die beiden Hauptfiguren einander verzweifelt lieben, wird nicht spürbar.

Die böse Abgründigkeit der jede Moral verspottenden Handlung wird viel zu wenig spürbar.

Am Ende gibt es dennoch sehr freundlichen Applaus. Weitere Vorstellung: 29. Mai.

 

KURIER-Wertung: Drei von fünf Sternen

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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