Nach dem Bruch der Ampelkoalition nimmt das Gezerre um das Datum des Urnenganges immer skurrilere Züge an. Eine analytische Bestandsaufnahme.
Im herbstlichen Berlin jagt derzeit ein politischer Termin den nächsten. Und alles dreht sich um die eine Frage: Wann wählt Deutschland? Die Entscheidung, auf die auch ganz Europa sehnsüchtig wartet, könnte diese Woche fallen.
Zur Vorgeschichte: In der Vorwoche zog Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Stecker seiner Ampelkoalition und feuerte seinen FDP-Finanzminister Christian Lindner, der zu oft sein Vertrauen gebrochen habe. Neuwahlen also, klar, aber erst im März, nachdem der Regierungschef, der nur noch die Grünen hinter sich weiß, am 15. Jänner die Vertrauensfrage stellen und verlieren werde.
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FDP-Vorsitzender Christian Lindner und seine FDP-Minister sind nicht mehr Teil der Ampelregierung
Das trieb die Opposition auf die Barrikaden, allen voran die Union, die in sämtlichen Umfragen meilenweit vorne liegt.
Scholz solle seine für Mittwoch geplante (Minderheits-)Regierungserklärung gleich auch dafür nützen, die Vertrauensfrage zu stellen und so den Weg für einen früheren Urnengang freimachen, forderte CDU-Chef Friedrich Merz. Scholz dazu sinngemäß: Nö.
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CDU-Chef Friedrich Merz, der am Montag 69 Jahre alt wurde, sieht sich schon auf dem Weg ins Kanzleramt
Doch nachdem auch sein Juniorpartner, die Grünen in Person von Vizekanzler Robert Habeck, vor einer „Hängepartie“ gewarnt hatte, bewegte sich der Regierungschef ein bisschen – und das auf seines Art: Vertrauensvotum vor Weihnachten? Kein Problem!
Die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Rolf Mützenich, und der Union, Friedrich Merz, sollten sich halt auf ein Datum einigen, sagte der Kanzler im ZDF. Und auch gleich darüber, welche Gesetzesvorhaben man davor noch gemeinsam über die Bühne des Bundestages bringen könne. Etwa das Deutschlandticket und die Stärkung des Verfassungsgerichtshofes.
KURIER-Grafik, Christa Breineder
Die missbilligende Antwort kam postwendend: „Scholz sollte jetzt keine weiteren Nebelkerzen werfen, sondern zügig die Vertrauensfrage stellen“, sagt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU) zur Bildzeitung. „Dazu sind keine weiteren Absprachen notwendig. Bei diesem Verfahren liegt es allein am Kanzler, das Drama zu beenden und die Tür zum Neuanfang zu öffnen.“
APA/dpa/Kay Nietfeld
Der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, wurde am Montag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen
Beides Seiten pokern hoch. Und einige Politiker wandten sich erneut an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, er solle ein Machtwort sprechen. Am Montag empfing er in seinem Amtssitz im Schloss Bellevue Robert Habeck, der sich in der Vorwoche zum grünen Kanzlerkandidaten ausgerufen und ob der miesen Umfragedaten seiner Partei dafür viel Spott und Häme hinnehmen musste.
Am Montag tagten (virtuell) auch die Bundes- und Landwahlbehörden, ob und wie ein früherer Urnengang überhaupt zu bewerkstelligen wäre. Zuvor hatte die Bundeswahlleiterin Ruth Brand für Aufregung gesorgt.
Logistische Herausforderungen
Sie warnte vor „unwägbaren Risken“ bei einer weiteren Verkürzung des ohnehin sehr knappen Zeitrahmens. Eine Wahl für 60 Millionen Stimmberechtigte sei mit enormen logistischen Herausforderungen verbunden, sie müsse wasserdicht ablaufen, das sei essenziell für das Vertrauen der Bürger in die Demokratie.
Skurril mutet auch die Debatte um die Stimmzettel an – zumal in einem Land, das weltweit das drittgrößte Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet. Ruth Brand sieht möglicherweise Probleme, dass diese rechtzeitig aufliegen.
Dass ein FDP-Landespolitiker der Wahlleiterin persönlich Papier spenden wollte und mit seinem Vorhaben beim Portier scheiterte, ist nur ein …read more
Source:: Kurier.at – Politik