Streit und interne Rivalitäten prägten das Bild der Ampel-Koalition. Fehltritte drängten Erfolge ins Abseits. Eine Bilanz.
„Gut, dass es vorbei ist“, kommentierte der Spiegel, „Schmutzige Scheidung“, schrieb die FAZ. „Ein guter Tag für Deutschland: Das Elend der Ampel ist endlich zu Ende“, fasste es die NZZ zusammen.
Von der „Fortschrittskoalition“, die im Dezember 2021 angetreten ist, gibt es drei Jahre später nur mehr Schmutzwäsche zu waschen: Die gegenseitigen Vorwürfe von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwochabend waren ungewöhnlich hart.
Doch waren bereits kurz nach Beginn des Amtsantritts der ersten Koalition aus SPD, Grüne und FDP die ideologischen Gräben ersichtlich; sie zuzuschütten, hatte vor allem Kanzler Scholz nicht geschafft, er wurde seit Regierungsantritt wegen seiner fehlenden Führungsstärke kritisiert. Die bewies er erst bei seiner letzten Entscheidung als Ampel-Kanzler: bei der gestrigen Entlassung seines Finanzministers Lindner.
Es war die leidige Streitfrage um Wirtschaftspolitik und Finanzierung, die in den letzten Jahren immer wieder zu Streit und nun zum großen Bruch geführt hat. SPD und Grüne plädierten stets für mehr Staatsintervention, Lenkung durch Förderung und eine Reform der Schuldenbremse; die liberale FDP setzt hingegen auf so wenig Staatsintervention wie möglich und hält an der Schuldenbremse fest. Dennoch kann die Ampel auch einzelne Erfolge auf ihr Konto buchen. Eine Bilanz.
EPA/FILIP SINGER
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier entließ am Donnerstag Finanzminister Lindner.
Kurz nach Amtsantritt erschütterte der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 Europa – und das von russischem Gas abhängige Deutschland. Die Abkehr von fossiler Energie war daraufhin dringender denn je, die Strom- und Gaskosten explodierten. Dass die Energieversorgung im folgenden Winter überhaupt gesichert wurde, wurde vom Wirtschaftsministerium öffentlich als Erfolg gefeiert.
Notwendig war dafür: die höchst umstrittene Verlängerung der deutschen Kernkraftwerke. Gleichzeitig ist beim Ausbau Erneuerbarer Energien, vor allem von Solarenergie, mehr vorwärts gegangen als in den Regierungen davor. Insgesamt dürfte Deutschland das für 2030 ausgerufene Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent zu senken, aber verfehlen (zum Vergleich: Österreich will bis 2030 um 48 Prozent senken, und ist auf Zielpfad).
Erster Cut: Heizungsgesetz
Im Februar 2023 kam es zum ersten öffentlich groß ausgetragenen Streit: das Heizungsgesetz. Eigentlich als „Prestigeprojekt“ von Wirtschaftsminister Robert Habeck und den Grünen vorgesehen, um den Umstieg auf klimafreundliches Heizen zu erleichtern, wurde es zum Alptraum. Das Vorhaben wurde geleakt, die Bild titelte „Schon ab 2024! Habeck will Öl- und Gas-Heizungen verbieten“; vom „Heiz-Hammer“ war die Rede. Großer Widerstand in der Bevölkerung war die Folge. Verräter soll die FDP gewesen sein, sagen nicht nur SPD und Grüne. Gleichzeitig freuten sich SPD und FDP über die sinkenden Beliebtheitswerte der Grünen. Im Herbst 2023 wurde das Gesetz mit einigen Entschärfungen zwar beschlossen, doch das Image der Ampel war mehr als angekratzt – und das Verhältnis aller Beteiligten deutlich angeschlagen.
APA/FDP/instagram/Volker Wissing
Der Beginn der Ampel: Volker Wissing, Annalena Baerbock, Christian Lindner, Robert Habeck (v.l.)
Kurz danach gab es den nächsten Riss: Der Bundesgerichtshof hat die Umschichtung von nicht genutzten Corona-Geldern in den sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) nach einer Klage der CDU für verfassungswidrig …read more
Source:: Kurier.at – Politik