Antisemitismus-Forscher: „FPÖ gelingt Abgrenzung zum Rechtsextremismus nicht“

Politik

Die jüdische Ablehnung gegenüber der FPÖ ist historisch begründet, aber auch durch die Nähe der Freiheitlichen zum Rechtsextremismus, sagt Lamprecht.

Am Holocaust-Gedenktag am Montag wird an vielen Orten an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Dass mit Walter Rosenkranz ein Freiheitlicher und Burschenschafter als Nationalratspräsident an Gedenkfeiern teilnimmt, sorgte schon mehrmals für Kritik der IKG. Der Antisemitismus-Forscher Gerald Lamprecht versteht die Sorge der jüdischen Gemeinschaft: „Der FPÖ gelingt die Abgrenzung zum rechtsextremen Bereich einfach nicht – oder sie will sie nicht“, sagt er im APA-Gespräch.

Das zeige etwa der am Freitag präsentierte Rechtsextremismus-Bericht genauso wie eine Vielzahl an sogenannten „Einzelfällen“. 

Erst Mitte der Woche sorgte eine FPÖ-Kandidatin für den Gänserndorfer Gemeinderat mit einem „Eiernockerl“-Posting für Aufsehen. Das Gericht gilt als Leibspeise Adolf Hitlers und rechtsextremer Code. „So etwas kommt ständig vor. Aber auch die Nähe zu den (vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften, Anm.) Identitären. Da gibt es keine Abgrenzung zum rechtsextremen Bereich, eher das Gegenteil“, sagte der Forscher von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Graz. Daran, dass diese Abgrenzung mit einer Kanzlerschaft des FPÖ-Chefs Herbert Kickl kommen würde, dürfe man zumindest zweifeln, so Lamprecht.

Die Skepsis der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) gegenüber der FPÖ lässt sich aber auch historisch begründen. „Ich kann es gut nachvollziehen, wenn die jüdische Gemeinde Probleme damit hat, dass jemand ins Kanzleramt einziehen könnte, der jener Partei entstammt, die im Prinzip nach 1945 das Auffangbecken der ehemaligen Nationalsozialisten war.“ 

Erst am Donnerstag sagte IKG-Präsident Oskar Deutsch, als er das Große Goldene Ehrenzeichen verliehen bekam, für ihn könnte es der letzte Besuch im Bundeskanzleramt für die nächsten Jahre gewesen sein. Die jüdische Gemeinde sei in Sorge, manche würden schon daran denken, „dass man die Koffer packen sollte“.

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Bei Gedenkfeiern „Konflikte vorprogrammiert“

Rosenkranz wurde, kurz nachdem er sein Amt antrat, von der jüdischen HochschülerInnenschaft daran gehindert, mit einer Kranzniederlegung der Opfer der November-Pogrome zu gedenken, nachdem er zuvor von der IKG explizit nicht zur Gedenkfeier an der Shoah-Namensmauer eingeladen worden war. Der Nationalratspräsident sprach daraufhin von „Gewalt“, überlegte aber „zur Seite“ zu treten. 

Am Montag wird er an einer Gedenkfeier im Parlament teilnehmen, sprechen wird Rosenkranz jedoch nicht. „Dass die Nachkommen der Opfer eine Beteiligung von Vertretern der FPÖ strikt ablehnen, hat eine gewisse Form der Plausibilität. Diese Debatten werden sich fortsetzen. Wenn FPÖ-Mitglieder an Gedenkveranstaltungen teilnehmen, wird die jüdische Gemeinde diesen wohl fernbleiben. Konflikte sind damit vorprogrammiert“, meint Lamprecht.

Beim Gedenken und Erinnern gebe es zwei Ebenen, so der Experte. „Ganz konkret wurden Menschen verfolgt, es wurden Menschen ermordet. Die Nationalsozialisten intendierten nicht nur die physische Auslöschung, sondern auch die Auslöschung der Erinnerung an diese Menschen. Und wenn wir uns heute erinnern, dann geben wir diesen Menschen ein Gesicht, einen Namen und eine Präsenz.“

„Erinnern darf nicht zum Ritual verkommen“

Auch gehe es um die Frage „Was hat das mit uns als Gesellschaft zu tun?“, und das impliziere „politische Erinnerung“. „Genau darin liegt der große Konflikt, dass das Erinnern und Gedenken nicht einfach zum Ritual verkommen darf, ohne sich dann ganz konkret in der Politik niederzuschlagen. Das heißt, auf der einen Seite eine Gedenkveranstaltung besuchen, auf der …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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