Im Schatten von Angela Merkel hatte er ausgeharrt, jetzt könnte CDU-Chef Friedrich Merz dort hin, wo er schon immer hin wollte: ins Kanzleramt. Wenn er nicht an sich selbst scheitert.
„Deutschland braucht wieder eine Politik für die hart arbeitende Bevölkerung“, „Leistung muss sich wieder lohnen“, von einer „Agenda für die Fleißigen“ ist die Rede: Knapp die Hälfte des 79-seitigen Wahlprogramms, das die Union am Dienstag präsentierte, dreht sich darum, wie die stagnierende deutsche Volkswirtschaft wieder auf Wachstumskurs gebracht werden soll: Bürgergeld und Heizungsgesetz sollen abgeschafft werden, die Unternehmenssteuer sinken, die Einkommensgrenze, für die der Spitzensteuersatz gilt (derzeit 67.000 Euro), nach oben verschoben werden.
Es ist ein Wahlprogramm, das den Wandel weg von der sozialliberalen Merkel-CDU dokumentiert, und das unübersehbar die wirtschaftsliberale Handschrift eines Friedrich Merz trägt. Das die CDU nach dreieinhalb Jahren auf der Oppositionsbank wieder in die Regierung katapultieren soll; und den 69-jährigen Merz, seit 52 Jahren in der CDU, am Ende seiner politischen Karriere in das von ihm seit jeher angestrebte Amt: das des Kanzlers.
Und es ist Merz‘ allerletzte Chance.
Die ewige Konkurrentin
In der Geschichte von Merz gibt es eine zweite Hauptfigur, eine ewige Konkurrentin, bis zu deren Abgang es keinen Platz für Merz in der ersten Reihe gegeben hat: Alt-Kanzlerin Angela Merkel, die fast gleich alt ist, aber 16 Jahre Kanzlerschaft hinter sich hat.
„Es gab ein Problem, und zwar von Beginn an: Wir wollten beide Chef werden.“ So schreibt Merkel über Merz in ihrer unlängst veröffentlichten Autobiografie. Dass Merz „sehr enttäuscht“ gewesen sei, als sie ihm 2002 den Fraktionsvorsitz wegschnappte – im Gegenzug hat sie auf eine Kanzlerkandidatur nach der CDU-Spendenaffäre verzichtet und der weniger beschädigten CSU mit Edmund Stoiber den Vortritt gelassen.
dpa/APA/DPA/Norbert Försterling
Einen kurzen Teil des Weges ging man nebeneinander: CDU-Vorsitzende Angela Merkel und der CDU/CSU Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz 2000.
Damit war der Graben zwischen Merkel und Merz aufgebrochen. Merz verzog sich die hintere Reihe der Partei, auf die Seite der Kritiker, denen der Merkel-Kurs der CDU immer zu „progressiv“, zu „links“ gewesen ist – und die Merkel vorwarfen, mit ihrem Kurs der AfD Platz gemacht zu haben.
Seine konservative Prägung zeigt sich in seiner Biografie – Schützenverein, Junge Union, katholische Studentenverbindung und großbürgerliches Juristen-Elternhaus – und in seinen politischen Positionen. Das wohl am häufigsten zitierte Beispiel: Als Merz 1997 gegen die Aufnahme der Vergewaltigung in der Ehe ins Strafgesetzbuch stimmte. Das Outing des einstigen Berliner SPD-Bürgermeisters Klaus Wowereit kommentierte er 2001 gegenüber der Bunte mit „Solange er sich mir nicht nähert, ist mir das egal!“
Zeitweise kehrte Merz unter Merkel der Politik sogar komplett den Rücken, um in der Wirtschaft als Anwalt und Aufsichtsratsvorsitzender bei der deutschen Tochterfirma des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock gut Geld zu verdienen. Etwas, das bis heute sein Image prägt. Dass er mit seinem Privatflieger zur Hochzeit von FDP-Chef Christian Lindner nach Sylt flog, tat dem keinen Abbruch.
Seine Rückkehr in die Politik kam 2018, als Merkel ihren Abtritt als Kanzlerin ankündigte. Er brauchte jedoch drei Anläufe, bis er es an die Parteispitze schaffte: Erst nachdem die CDU mit dem zum falschen Zeitpunkt lachenden Armin Laschet ihr historisch schlechtestes …read more
Source:: Kurier.at – Politik