45 Jahre lang lenkte die Assad-Familie mit brutaler Hand. Drahtzieher: Mutter, Bruder, Schwester des Präsidenten. Ein Clan, der Frieden im Weg steht.
Anmerkung: Dieser Artikel stammt aus dem Jahr 2015
Als der syrische Machthaber Hafis al Assad im Juni 2000 nach knapp drei Jahrzehnten im Amt starb, musste das Parlament rasch das Mindestalter für einen Präsidenten senken: 40 Jahre, so sah es die Verfassung vor, doch Sohn Bashar war erst 34. Aber in einer Diktatur geht so etwas bekanntlich schnell. Und die 97,29 Prozent Stimmen, die Bashar al Assad im Parlament als neuer Präsident Syriens erhielt, waren auch nur Formsache.
Dennoch ruhten auf dem groß gewachsenen jungen Mann damals alle Hoffnungen, dass sich die Diktatur aus Syrien langsam verabschieden könnte. Das blutige Regime des Vaters mit seinem berüchtigten Geheimdienst „Muhabarat“, mit dem mörderischen Vorgehen gegen Widersacher und Oppositionelle, das Bombardement der Stadt Hama zur Niederschlagung eines sunnitischen Aufstandes mit mehr als 10.000 Toten in den Achtzigerjahren – es konnte nur besser werden.
Heute, einen Bürgerkrieg später mit 250.000 Toten und dem halben Land auf der Flucht, weiß man: Es ist noch viel schlimmer gekommen. Und die bei den Syrien-Gesprächen dieser Tage höchst umstrittene Frage ist nur noch, ob Bashar al Assad Teil einer politischen Übergangslösung, wie sie jetzt angestrebt wird, sein kann oder nicht.
Für den Bruder eingesprungen
Dabei war ihm die mörderische Fortführung des Assad-Regimes nicht in die Wiege gelegt. Sein älterer Bruder Basil war als Nachfolger des Diktators Hafis al Assad vorgesehen. Bashar indes ging nach der Absolvierung seiner Schulausbildung (französisch-arabische Schule in Damaskus) nach London, studierte Augenheilkunde, lernte seine Frau Asma, Tochter eines syrischen Herzchirurgen, kennen und wurde ganz anders geprägt als der familiäre Clan daheim.
Doch als sein Bruder 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam, schlugen die Clan-Regeln zu: Bashar, politisch völlig unbeleckt, wurde umgehend nach Hause beordert, um eine militärische und politische Ausbildung im Schnelldurchgang zu durchlaufen – als Vorbereitung für die irgendwann anstehende Nachfolge seines Vaters.
Und auch seine gemäßigt-liberalen „Flausen“ wurden ihm schnell ausgetrieben. Assad machte zunächst mit ersten Liberalisierungen von sich reden, entließ einige politische Häftlinge, initiierte ein wirtschaftliches Reformprogramm mit ausländischen Investoren und der Privatisierung von Banken, ließ öffentliche Diskussionszirkel zu. Doch als sehr bald Rufe nach mehr Demokratie laut wurden, ruderte Assad, der sich zu Beginn noch gerne in Jeans und als volksnaher Präsident zeigte, zurück.
Mastermind hinter der Kehrtwende: der Assad-Clan und da vor allem Anisa al Assad, seine Mutter. Seit dem Tod ihres Mannes Hafis al Assad gilt sie als Drahtzieherin in Syrien. In Bashar al Assads ersten Präsidentenjahren lebte er mit ihr und seiner Frau unter einem Dach – es war ein offenes Geheimnis, dass Asma bei ihrer Schwiegermutter wegen ihres westlichen Lebensstils und ihrer Öffentlichkeitsliebe nicht wohl gelitten war. Anisa hatte die Heirat hintertreiben wollen.
Mutter nahm Fäden in die Hand
Anisa fungierte fortan als Beraterin Bashars, aber auch ihres anderen Sohnes, Maher. Der leitet die berüchtigte Republikanische Garde sowie die ähnlich übel beleumundete Elitetruppe Vierte …read more
Source:: Kurier.at – Politik