
In Barcelona wird er schon jetzt verehrt wie ein Heiliger. Von den einzigartig geschwungenen Wohngebäuden auf der Prachtstraße Passeig de Gracia bis zum Park Güell tragen die bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt allesamt die Handschrift Antoni Gaudís.
Das Meisterstück des berühmten Architekten bleibt die Kathedrale Sagrada Familia, bei deren Bauplänen Gaudí seinen unerschütterlichen Glauben demonstrieren wollte – und sich dermaßen übernommen hatte, dass die Kirche heute, 144 Jahre nach der Grundsteinlegung, noch immer nicht fertiggestellt ist.
Trotz des ständigen Baulärms und der Kräne, die die Türme der Kirche überragen, zieht sie jährlich mehr Besucher an als jede andere Touristenattraktion Spaniens.
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Die Passionsfassade der Sagrada Familia in Barcelona.
Am Dienstag verlieh Papst Franziskus Gaudí den Rang eines „ehrwürdigen Diener Gottes“ – ein entscheidendes Kriterium für eine künftige Seligsprechung. Für die wäre später die Anerkennung eines Wunders nötig.
Gläubige stützen sich dabei auf den Fall eines Priesters aus Barcelona, der im Jahr 2002 auf den Kopf stürzte. Die Ärzte hatten ihn demnach aufgegeben, doch nach einem Gebet zu Gaudí soll sich der Mann erholt haben.
Einzelgänger und Asket
Dabei führte der „Architekt Gottes“ zu Lebzeiten ein ausgesprochen sterbliches Leben; er galt als Einzelgänger und Asket. Schon als Bub konnte er wegen einer Rheumaerkrankung kaum mit anderen Kindern spielen und verbrachte viel Zeit in der Natur – eine Liebe, die sich später in seiner Architektur niederschlagen sollte.
Mit 31 Jahren übernahm Gaudí die Leitung für den Bau einer neuen Basilika im Planstadtteil Eixample, die ausschließlich durch Spenden finanziert werden sollte. Als er nebenbei andere Projekte fertigstellte, wuchs seine Bekanntheit und mit ihr das Ausmaß der Spenden.
Etliche Male passte Gaudí die Pläne für die Kirche an das neue Budget an, bis er sich schließlich vollends dem Projekt und seinem Glauben verschrieb.
Die letzten vierzehn Jahre seines Lebens wohnte der bekannte Architekt in einer Ein-Zimmer-Wohnung in unmittelbarer Nähe zur Sagrada Familia und verbrachte jeden Tag auf der Baustelle. Bis er eines Tages von einer Straßenbahn erfasst wurde.
Zu diesem Zeitpunkt war Gaudí verwahrlost, abgemagert und trug keinen Ausweis bei sich, also hielten ihn die Sanitäter für einen Obdachlosen und versorgten ihn nicht. Am 10. Juni 1926 verstarb er in einem Armenspital. Zur anschließenden Trauerfeier sollen 30.000 Menschen gekommen sein.
Höchste Kirche der Welt
Sein Lebenswerk, die Sagrada Familia, entfaltet sich noch heute. Fertiggestellt sind bisher nur die berühmte Geburtsfassade, die mit ihrem Bienennest-artigen Äußeren das Leben Jesus Christus’ symbolisieren soll, die gegenüberliegende Passionsfassade, die mit ihren harten Kanten für dessen Leidensweg steht, und der Innenraum; von Glasfenstern ständig in buntes Licht getaucht.
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Die Decke im Inneren der Sagrada Familia wird durch die vielen Buntglasfenster in verschiedensten Farben beleuchtet.
Gebaut wird noch immer an der Glorienfassade und dem Mittelteil der Kathedrale. Den sollen im vollendeten Zustand 18 Türme schmücken: Zwölf für die Apostel, vier für die Evangelisten sowie je einer für die Jungfrau Maria und Jesus selbst. Der 125 Meter hohe Marienturm wurde im Jahr 2021 fertiggestellt, der Christusturm soll die Sagrada Familia mit 172 Metern Höhe zum höchsten Kirchengebäude der Welt machen.
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Foto von 2016: Der Marienturm wird gebaut. Der Christusturm soll die Sagrada Familia mit seinen 172 …read more
Source:: Kurier.at – Politik