Die verunsicherten Staaten von Amerika: „Nach der Wahl wird nichts besser“

Politik

Es ist die wichtigste Wahl aller Zeiten, sagen die Amerikaner. Aber kaum einer glaubt, dass danach etwas besser wird – egal, wer gewinnt. Ein Streifzug durch ein irritiertes Land.

Es gibt diesen Graben, von dem alle reden. Ein Riss quer durch Amerika, der durch Familien, Büros, Kirchen geht, rechts die Trumpisten, links die Demokraten. Sie schweigen sich gegenseitig beim Thanksgiving-Dinner an, beleidigen einander mitten auf der Straße, heißt es. Oder brechen einfach den Kontakt zueinander ab.

Der Graben ist echt, keine Frage. Doch die wenigsten sitzen wirklich links und rechts, außerhalb davon. Die Mehrheit sitzt mittendrin in diesem Graben. Und zittert.

Warum Trump?

Es ist noch warm in diesem Oktober, doch der Strand ist leer. Nur Kelli sitzt in ihrem Klappsessel, die nackten Füße im Sand. Auf ihrem Handy läuft ein Live-Gottesdienst, sie ist ganz versunken.

Virginia Beach ist nur ein paar Autostunden von Washington entfernt. Hierher kommen die Hauptstädter zum Urlauben, der Strand ist weiß, das Meer sauber, das Essen deftig. Hier an der Küste, wo das Einkommen hoch ist, wo Schwarze und Latinos wohnen, wählen sie demokratisch; im Landesinneren, wo es immer weißer wird und die gläubigen Farmer daheim sind, Trump. So weit die Binsenweisheit.

Doch so einfach ist es nicht, sagt Kelli. Vor allem nicht bei dieser Wahl, bei der wichtigsten seit Langem, wenn nicht seit immer. Die Tourismusmanagerin, Ende 50, blondes Jahr, das Lachen so laut und amerikanisch wie nur was, wäre die perfekte Trumpistin. Sie schimpft laut darüber, dass „sechs von zehn Leuten bei unseren Jobinterviews einfach nicht mehr auftauchen“, dass die Jungen alle glauben, „der Staat oder die Eltern würden es schon richten“. Ist stolz auf ihre Tochter, die Journalistin werden will und dafür drei Sommerjobs gleichzeitig macht („vielleicht wird sie ja Millionärin“), und träumt davon, in der Pension nach Florida zu ziehen, weil dort „immer Sommer ist“.

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EPA/JIM LO SCALZO

Die Lebensmittelpreise in den USA sind massiv gestiegen 

Aber Kelli sitzt auch im Graben, und zwar nicht an der Seite Trumps. „Ich weiß, dass er verrückt ist“, sagt sie. Die Dinge, die er über Frauen sagt, puh, und ja, Moral, davon habe er nicht viel. Wählen wird Kelli ihn trotzdem, denn „er ist das kleinere von beiden Übeln“, sagt sie. Er wisse wenigstens, wie man die Wirtschaft ankurble, Harris hingegen würde nur das Füllhorn ausschütten, „die Leute dürfen nicht alles gratis bekommen“. Wir stehen bei Starbucks, der große Caffè Latte kostet acht Dollar. „Alles ist doppelt so teuer wie noch vor ein paar Jahren“, sagt Kelli. Sie kauft heute nichts.

APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Obdachlose unweit vom Weißen Haus: Reichtum und Armut liegen in Washington nahe beinander

Warum Harris?

Die Vereinigten Staaten 2024, das sind von außen nur mehr Gegensätze. Die Milliardäre haben ihren Reichtum in den letzten sieben Jahren verdoppelt, zeitgleich gelten 18 Prozent der Menschen als arm, von allen OECD-Ländern sind es nur in Costa Rica mehr. Zwischen schrecklich arm und schrecklich reich braucht es selbst in Washington nur wenige Schritte: Ein paar Blocks neben dem Weißen Haus hausen Menschen in Zelten. Nicht nur Hilfsbedürftige, auch Menschen mit normalen Jobs hängen dort fest. Sie bekommen …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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