Die Allerwenigsten, die für den Ex-Präsidenten stimmten, taten das wegen seiner Politik. Sondern um die Biden-Regierung abzustrafen.
„Geht es Ihnen heute besser als bei der Wahl vor vier Jahren?“ – Das überwiegende Nein der meisten US-Bürgerinnen und Bürger auf diese Frage war der größte Trumpf für Donald Trump in diesem Wahlkampf. Wenn die Mietpreise und die Kreditkosten explodieren, wenn Lehrer von ihrem Lohn nicht mehr leben können, wenn im Autoland USA die Benzinpreise schmerzhaft steigen und ein Sandwich kaum noch unter 10 Dollar zu bekommen ist, dann wird fast immer die aktuelle Regierung abgestraft.
Da konnte Kamala Harris noch so sehr versuchen, sich von der linken Ecke der Demokratischen Partei wegzubewegen und die politische Mitte im Land anzusteuern – in den Augen vieler Amerikaner büßt die Vizepräsidentin mit für das Versagen der gesamten Administration, den USA und seinen Bürgern kein besseres Lebensgefühl vermittelt zu haben.
Und da mochte sich Trump, der Oppositionelle, noch so oft im Ton vergreifen, schimpfen, hetzen, beleidigen, lügen und das Blaue vom Himmel versprechen – wie etwa den Ukraine-Krieg in einem Tag zu beenden. Die Allerwenigsten, die für den Politrüpel gestimmt haben – und nichts weniger ist der 78-jährige Republikaner – haben für seine „großartige“ Politik gestimmt. Sondern vielmehr für die Hoffnung, ihre eigene wirtschaftliche Lage in den nächsten Monaten stabilisieren und wieder verbessern zu können. Schleierhaft bleibt dabei freilich, warum ausgerechnet Trump der wirtschaftliche Heilsbringer sein soll; ein Mann, der mehrfach vor der Insolvenz stand. Fraglich ist auch, wie Trump mit seinen dystopischen Botschaften und realitätsbefreiten Versprechen den besseren Weg zeigen soll.
Emotionen entscheiden
Aber Wahlentscheidungen haben bekanntlich oft nicht mit kühler Ratio zu tun, sondern mit Emotionen. Da wird einfach ausgeblendet, wie und was er so redet, dass er strafrechtlich verurteilt wurde. So bleiben die Emotionen – und die vermag Trump auf allen Seiten mit heftiger Wucht zu entfachen. Dass bei dieser Wahl die Beteiligung so hoch war wie schon lange nicht, hatte auch damit zu tun, dass die Wähler an die Urnen lockte, die vor allem eines wollten: Trumps Wiederkehr ins Weiße Haus vermeiden. Die Jungen, viele Frauen, sogar einige republikanische davon und vor allem Wähler mit höherem Bildungsgrad wählten oft mit weniger Begeisterung für Kamala Harris als vielmehr gegen Donald Trump.
Wie sich aber abzeichnete, hat Kamala Harris doch verloren. Das liegt zum Einen daran, dass die Demokratin für viele unabhängige Wähler neben dem Schreihals Trump überhört und zu wenig verstanden wurde. Und zum anderen daran, dass sich die Demokraten zu sehr auf Wählergruppen verließen, von denen sie annahmen, dass sie immer links wählen würden: Die große Gruppe der Latino-Wähler etwa. Für die meisten von ihnen ist die wirtschaftliche Lage ebenfalls die Frage Nummer 1 – gefolgt von Gewissheit, dass die USA ihre Migrationskrise lösen müssen. Donald Trump trauen sie dies offenbar eher zu als seiner Kontrahentin Harris.
Und damit ist klar: Donald Trump, dessen erste Präsidentschaft die Welt als eine Art absurden Betriebsunfall der Geschichte erlebt hatte, steht wieder vor den Toren des Weißen Hauses. Dass er wieder hinein marschieren wird, ist nun sicher. Und dieses Mal sogar, …read more
Source:: Kurier.at – Politik