
Von Simone Weiler aus Paris
Die Stimmung in dem Video wirkt chaotisch, die Ereignisse scheinen sich zu überschlagen. Eine Reporterin sagt in ein Mikrofon mit der Aufschrift „Live 24“, zur aktuellen Stunde sei „seitens nicht offizieller Quellen von einem Staatsstreich die Rede, angeführt von einem Oberst mit unbekannter Identität“. Direkt hinter ihr sind Soldaten und Polizeiautos mit Blaulicht zu sehen, weiter im Hintergrund leuchtet der Eiffelturm. Es gehe um einen „möglichen Sturz“ von Präsident Emmanuel Macron, sagt die Frau.
Die Szene erscheint aufwühlend – doch sie ist völlig frei erfunden und wurde durch Künstliche Intelligenz (KI) erstellt. Seit 13. Dezember zirkulierte das Video auf Facebook und TikTok und wurde insgesamt mehr als 20 Millionen Mal geklickt.
Macron nahm es zum Anlass, um bei einem Gespräch mit Leserinnen und Lesern der südfranzösischen Regionalzeitung La Provence die Gefahren von Fake News mithilfe von KI zu thematisieren. Ein afrikanischer Staatschef habe ihm am Sonntag eine Nachricht geschickt mit den Worten: „Lieber Präsident, was ist bei euch los? Ich bin beunruhigt.“ Das Gerücht über den angeblichen Putsch hatte sich bis in die höchsten Machtsphären ausgebreitet. „Das schürt Chaos“, sagte Macron. Sein Team habe den Mutterkonzern von Facebook, Meta, kontaktiert, um das Video entfernen zu lassen. Doch die US-Plattform verweigerte die Bitte mit der Begründung, das Filmchen widerspreche nicht den Nutzungsregeln.
Planlos gegen Meta und KI
„Sie machen sich über uns und die Souveränität der Demokratien lustig und bringen uns in Gefahr“, rügte der Staatschef dieses Verhalten. Man sei nicht gerüstet gegen die Übermacht der US-Technologiekonzerne, die nach ihren eigenen Regeln spielten: „Wenn es sich ganz offensichtlich um falsche Inhalte handelt, die uns destabilisieren und die die öffentliche Sicherheit gefährden, muss es möglich sein, sie aus dem Netz zu nehmen.“ Ob auch die Plattform TikTok kontaktiert wurde, erwähnte er nicht. Meta wies nun darauf hin, man habe das Video mit einem Label versehen, das anzeigte, dass es mit KI erstellt worden sei. Eine Löschung hielt man nicht für erforderlich, da die Bilder niemanden direkt in Gefahr brächten.
Seit längerem warnt Paris vor Versuchen der Einflussnahme aus dem Ausland, vor allem aus Russland. Bereits zu Macrons Amtsübernahme 2017 hatten russische Staatsmedien das Gerücht verbreitet, er sei homosexuell. Später konnte nachgewiesen werden, dass die angebliche Bettwanzen-Plage in der französischen Hauptstadt, über die im Sommer 2023 in den sozialen Medien massiv berichtet wurde, eine von Kreml-nahen Konten gesteuerte Fake-News-Kampagne war. Die Warnungen vor Ungeziefern in Pariser Hotels, Zügen und Kinos hatten sich weltweit verbreitet.
Im Oktober organisierte Macron im Élysée-Palast eine Konferenz, um eine „Aktions-Plattform“ gegen die Manipulation von Algorithmen und gegen Einmischung aus dem Ausland zu gründen. Kürzlich brachte der Präsident Teile der französischen Presse mit der Idee gegen sich auf, ein Label für Qualitätsmedien zu schaffen.
Jugendlicher aus Burkina Faso
Im aktuellen Fall der Falsch-Videos über den vermeintlichen Staatsstreich konnte der Urheber schnell ausgemacht werden. Laut der französischen Tageszeitung Le Monde handelte es sich um einen Jugendlichen aus Burkina Faso, der sich im Austausch mit Journalisten entschuldigte: „Ich respektiere die Institutionen, Völker und Autoritären und verspreche, künftig …read more
Source:: Kurier.at – Politik



