Ex-EU-Kommissar Hahn: „Ich war schon als Kind ein guter Kopfrechner“

Politik

14 Jahre lang war er EU-Kommissar, die letzten fünf verantwortlich für den Milliardenhaushalt der EU. Johannes Hahn über Zahlen, Verhandlungstricks und den Umgang mit 27 unzufriedenen EU-Staaten.

Er hat für drei Kommissionspräsidenten in Brüssel gearbeitet: Als EU-Kommissar für Regionalpolitik unter José Manuel Barroso, für Nachbarschaftspolitik unter Jean Claude Juncker und zuletzt als Kommissar für Budget und Personal unter Ursula von der Leyen. Seit kurzem ist Johannes Hahn EU-Kommissar a.D. und wie er selbst sagt, „Herr über meine eigene Zeit“. 

Der Wiener sprach mit dem KURIER über Erfolge und Mühen an der EU-Spitze und was man für Leben und Überleben in Brüssel so braucht.

KURIER: Was ist eigentlich die Hauptbeschäftigung eines EU-Budgetkommissars?

Johannes Hahn:  Vorschläge zu Beschlüssen zu machen und wenn die einmal getroffen sind, in die Realität umzusetzen, das nimmt die allermeiste Zeit in Anspruch.

Warum ist gerade dieser Teil der Arbeit so aufwendig? 

Man muss dabei 27 EU-Staaten und unter einen Hut bringen – und dazu noch das EU-Parlament. Das heißt, man muss ständig in die EU-Hauptstädte reisen und dort mit den Entscheidungsträgern reden, um für die Vorschläge der EU-Kommission zu werben. Das Anstrengendste dabei ist, dass man sich ständig wiederholt. Das fühlt sich oft an wie Wahlkampf. Man hält über Monate die gleiche Rede mit kleinen Abänderungen. Ich habe mir einmal als junger Mann gedacht: Das Letzte, das ich in meinem Leben machen will, ist multilaterale Politik – genau dort bin ich gelandet.

Muss ein EU-Budgetkommissar bei diesen Verhandlungen auch gelegentlich selber nachrechnen?

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Ja, und dabei hat mir tatsächlich geholfen, dass ich schon als Kind, also in der Volksschule, ein guter Kopfrechner war. Schließlich muss auch ein EU-Budgetkommissar gewisse Angaben oder Vorschläge einem Check unterziehen, ob sie überhaupt plausibel sind. Natürlich sind an der Erstellung unserer Unterlagen für die Verhandlungen Dutzende Fachleute beteiligt. Aber meine Mitarbeiter haben immer unter großem Zeitdruck gearbeitet, so dass mir beim Drüberschauen dann meistens doch noch das eine oder andere aufgefallen ist.

Das heißt also, Sie haben ihre Unterlagen zuletzt immer persönlich kontrolliert? 

Immer natürlich. Das war, glaube ich einer meiner Stärken. Ich bin gewissermaßen einer der wenigen Profiteure des traditionellen österreichischen Bildungswesens. Ich war in der Lage, all meine Briefings durchzuarbeiten, mir den Inhalt zu merken – wenn auch manchmal nicht allzu lange.
 

Waren es also Zahlen, über die Sie mit den Mitgliedsländern zu diskutieren hatten? 

Ich habe meine Materie gut beherrscht, aber als Kommissar geht es meist weniger um detaillierte Zahlen, sondern um die großen Linien. Da gibt es ja die sogenannten „Frugalen“, also die Sparmeister unter den EU-Staaten, Deutschland oder Österreich etwa. Da ging es dann wirklich um beinharte Diskussionen, wo kann eingespart, in welchen Bereichen dagegen sollte mehr ausgegeben werden. Da geht es dann weniger um Zahlen als um die politischen Schwerpunkte, die man setzen möchte. Letztlich ist ja ein Budget in Zahlen gegossene Politik.

Was hilft, um diese Sparmeister zu überzeugen? 

Da ist es im richtigen Moment praktisch, die richtigen Zahlen, oder noch besser Zeitreihen, also Entwicklungen über Jahre parat zu haben. Etwa, dass gerade in den sparfreudigen Staaten die Gehälter der öffentlich Bediensteten stärker gestiegen sind als im EU-Durchschnitt.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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