Johannes Frischmann gibt in seinem Buch „Macht und Ohnmacht im Kanzleramt“ Einblicke in den „Maschinenraum der politischen Arbeit“ von Sebastian Kurz und schildert dabei auch seine persönlichen Krisen.
„Man würde meinen, es wäre schon alles gesagt“, beginnt Johannes Frischmann, Ex-Pressesprecher von Sebastian Kurz, sein Buch „Macht und Ohnmacht im Kanzleramt“, das heute, Samstag, erscheint.
Nur wenige seien dem früheren Kanzler so nahe gewesen wie er, und so schildert nun eben auch Frischmann, der sich als PR-Berater selbstständig gemacht hat, seine Eindrücke aus dem „Maschinenraum der politischen Arbeit“: vom Wahlkampf 2017 über die türkis-blaue und die türkis-grüne Ära mitsamt Ibiza-Affäre und Pandemie bis zu seinem Abgang aus der Politik im Zuge der Inseratenaffäre.
Und das teils mit recht viel Pathos und Emotion. Der Tag der Hausdurchsuchung, die am 6. Oktober 2021 auch in seiner Wohnung in Wien stattfand, habe sich „wie ein schwarzes Siegel in seine Seele gebrannt“; er sei „tief gefallen, und in den Armen seiner Familie gelandet“, schreibt der 44-jährige Tiroler.
Er spart auch nicht mit Kritik an der ermittelnden WKStA (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft). Diese habe sein Elternhaus in Tirol „auf den Kopf gestellt“ und sogar das Tablet seines 15-jährigen Patenkindes eingezogen. Sogar ein Kriminalbeamter soll ihm unter vier Augen gesagt haben, dass er die Hausdurchsuchung für „übertrieben und überzogen“ halte.
Der dreifache Familienvater erzählt über weite Strecken eindringlich, wie ihn die Causa in eine tiefe psychische Krise versetzt habe und wie er schon davor fast in ein Burnout geschlittert sei. Viel Raum bekommen auch Erzählungen über seine Frau und seine drei Kinder, die in Deutschland leben, und die Herausforderungen, die sein Arbeitspensum und das wöchentliche Pendeln dargestellt hätten.
Zu den strafrechtlichen Vorwürfen hält er sich „auch auf Anraten der Anwälte“ bedeckt. Thomas Schmid kommt an drei Stellen nur kurz vor, andere Akteure aus der Inseratencausa gar nicht.
Aus der Koalition „gekickt“
Kurz, der die ÖVP im Mai 2017 übernommen, umgebaut und wieder zu Wahlsiegen geführt hat, wird von ihm als „guter Mensch und feiner Chef“ beschrieben.
Einer, der ihn zudeckt und das Licht abdreht, als er zu Zeiten der Pandemie auf einem Feldbett einnickt.
Der in Jeans und T-Shirt und mit einem Sechsertragerl Bier vor seiner Tür steht und ihn, Frischmann, aufmuntert, als er, Kurz, gerade den Kanzlersessel aufgegeben hat, weil ihn die Grünen nach besagter Razzia aus der Koalition „gekickt“ haben.
„Mörder“ und „Terroristen“
Apropos Grüne: Während der ehemalige Kanzlersprecher die Koalition mit der FPÖ auffallend positiv beschreibt (von deren Umgang mit „Einzelfällen“ wie Rattengedicht und Liederbuch einmal abgesehen), hat er für die Grünen offensichtlich wenig übrig:
So schildert er etwa, wie sie bei den Koalitionsverhandlungen auf vegetarischem Essen bestanden, dann aber großteils Schweinsbraten am Teller gehabt hätten.
Zudem habe Werner Kogler zuerst über die Verteilung von Ministerien und Posten anstatt über Inhalte sprechen wollen. „Diese Doppelmoral der Grünen stinkt schon vor Beginn der Verhandlungen zum Himmel.“
Pikant ist auch eine Szene aus den Verhandlungen zum Migrationsthema – dem bekanntlich ideologisch heikelsten Thema zwischen Grün und Türkis. Da erzählt Frischmann etwa, dass ein grüner Verhandler gesagt habe: „Ihr seid Mörder“, während ein türkiser Verhandler konterte: „Und ihr seid Terroristen, weil ihr jeden …read more
Source:: Kurier.at – Politik