Großbritannien sieht Rot: Wie die Briten über den bevorstehende Erdrutschsieg denken

Politik

In Großbritannien steht eine politische Wende bevor. Was macht das mit der Bevölkerung? Ein Besuch in der Stadt Swindon, die seit 1983 für jene Partei gewählt hat, die dann auch die Regierung stellte.

Gwen sieht Rot. „Natürlich“, sagt die 79-jährige Britin, die im Stadtzentrum von Swindon auf einem Holzbänkchen sitzt und an einer selbstgedrehten Zigarette zieht. „Labour wird’s machen.“ Und so sieht das an dem Tag auch ihre Freundin Janette. Der Pensionist Rod. Die frühere Krankenschwester Lucy. Die Studentin Alisha.

Orakelstadt Swindon

Das ist deshalb spannend, weil Swindon so etwas wie ein politisches Orakel ist. Seit 1983 hat sie südenglische Stadt stets jene Partei gewählt, die dann die Regierung übernommen hat. Das liegt, so erklären es sich Experten, an dem soziodemografischen Profil.

Anna-Maria Bauer

Denn die 234.000-Seelen-Stadt in Wiltshire ist weder besonders alt, noch gibt es eine Universität, die unverhältnismäßig viele junge Wähler bringen könnte. Dafür gibt es viele Familien im arbeitsfähigen Alter mit schulpflichtigen Kindern. 

Und die sind laut Paula Surridge, Soziologie-Professorin an der Universität Bristol, eine Schlüsselgruppe. „Sie sind in der Regel nicht stark auf die eine Partei festgelegt und neigen dazu, sich je nach Wahlverlauf zu verändern“, erklärte sie der BBC. 

Anna-Maria Bauer

Und tatsächlich scheinen sich hier die Prognosen, die Labour aktuell 40 und die Konservativen bei 21 Prozent sehen, besonders zu bestätigen. Während einem andernorts die blauen Unterstützungsposter der Konservativen oder die „Liberal Democrats Winning Here“-Schilder in Warnwesten-Orange unterkommen, haben die Wohnstraßen von Swindon einheitlich rote Farbtupfer.

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Selbst in der historischen „Old Town“ rund um das Büro des Parlamentsabgeordneten und früheren Justizminister Robert Buckland.

Anna-Maria Bauer

Er könnte sich also tatsächlich einstellen: der Erdrutschsieg für die sozialdemokratische Arbeiterpartei.

Gezänke der Politiker

In jedem Fall haben die britischen Spitzenpolitiker ihre Krallen ausgefahren, wie sie es vor allem in Zeiten der Veränderung tun. 

So beschuldigt Premier Rishi Sunak Labour-Chef Keir Starmer, den Briten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Starmer bezichtigt Sunak der Lügerei. Die Labour Partei behauptet, es gebe dank Tories mehr Schlaglöcher in Großbritannien als Krater auf dem Mond. 

Der neue Reform-UK-Chef Nigel Farage beschimpft die Tories als neue Arbeiterpartei (weil sie sich für einen starken Staat stark machen würden) und behauptet, Labour würde eine Masseneinwanderung herbeiführen. 

Nur Ed Davey von den Liberal Democrats beschuldigt niemanden so wirklich, aber er muss derzeit die Konsequenzen eines Postskandals ausbaden. Dafür schmeißt er sich freiwillig ins Wasser, macht Interviews in rotierenden Teetassen und kämpft sich durch Hindernisparcours. Seine Partei liegt in Umfragen auf Platz vier. Fast 20 Prozent hinter Labour.

Gefahr der Selbstzufriedenheit

Aber darf sich die Arbeiterpartei auf den Prognosen ausruhen? „Es stimmt“, räumt Tim Bale, Professor für Politikwissenschaft von der Queen Mary Universität in London, ein „dass Labour sich vor Selbstzufriedenheit fürchten sollte.“ Doch die Chance der Konservativen das Amt zu halten, seien „mikroskopisch klein.“ 

Bale rechnet zwar mit einer niedrigen Wahlbeteiligung. „Doch sie müsste so niedrig sein wie nie zuvor, um das Ergebnis zu beeinflussen.“ Derzeit liege es für die Tories zwischen schlecht und katastrophal.

Doch obwohl die 79-jährige Gwen Labour am meisten abgewinnen kann, zieht sie frustriert an …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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