Die Islamische Glaubensgemeinschaft überlegt, was bei der Ausbildung von Imamen verbessert werden muss. Eines der größten Probleme: die Bezahlung.
Österreichische Imame sollen in Österreich ausgebildet werden. So weit waren sich vor zwölf Jahren der damalige Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz und die Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) einig.
Doch obwohl mittlerweile sowohl an der Universität Innsbruck als auch an der Universität Wien entsprechende akademische Ausbildungen existieren, gibt es ein veritables Problem: Von den derzeit rund 250 in Österreich aktiven Predigern haben im besten Fall fünf bis zehn (!) das entsprechende Studium absolviert. In der Praxis arbeiten derzeit vor allem im Ausland ausgebildete Imame in heimischen Moscheen und Gebetszentren.
Warum ist das so?
Über diese, für die Glaubensgemeinschaft zentrale Frage, hat die IGGÖ im Zuge einer Fachtagung nachgedacht und einige grundsätzliche Ursachen ausgemacht.
Der in Innsbruck lehrende islamische Theologe Zekirija Sejdini fasst diese wie folgt zusammen:
Fehlende Anpassung
Was ist damit gemeint? Im Ausland ausgebildete Imame sind kulturell und theologisch meist nur mäßig für die Arbeit in Österreich gerüstet. Die Erwartungen, die bosnische oder türkische Gläubige bzw. Gemeinden an Prediger stellen, sind mitunter in sich unterschiedlich, und sie unterscheiden sich bisweilen dramatisch von dem, was außer-europäische Imame tun. Ein Beispiel: In der Türkei ist es für Glaubensgemeinschaften vielfach ausreichend, wenn der Imam die Moschee leitet und dort predigt. Der Religionsunterricht oder Gefängnisseelsorge werden nicht als zentrale Aufgabe eines Imams empfunden, ähnliches gilt für Fragen des Religionsunterrichts.
Fehlendes Berufsbild
Im Idealfall sind Imame Generalisten, also: Prediger, Streitschlichter in ihrer Gemeinde, Religionslehrer und Zeremonienmeister, die sich bei Begräbnissen und Hochzeiten auskennen. In der Praxis scheitert die Arbeit zumeist am einheitlichen Berufsbild. Ein plastisches Beispiel: Während islamische Gemeinden am Balkan oft selbstverständlich davon ausgehen, dass Imame die Toten waschen, ist dies für Prediger aus anderen islamischen Kulturkreisen weitgehend undenkbar. Was genau ein Imam können muss, ist in der Glaubensgemeinschaft noch nicht eindeutig geklärt.
Unzureichende Strukturen
Das zweifelsohne größte Problem ist in Österreich, dass die einzelnen Moschee-Gemeinden wenig bis gar keine finanziellen Mittel haben, um Imame ausreichend oder überhaupt zu bezahlen. Die Konsequenz: Prediger müssen nebenher Taxi fahren oder andere Jobs annehmen, um ihren Alltag finanzieren zu können. „In dieser Situation besteht für junge Menschen kein Anreiz, ein viele Jahre dauerndes Studium der islamischen Theologie zu absolvieren“, sagt Experte Sejdini.
Wie kann man die auch für die IGGÖ unbefriedigende Situation ändern?
Sejdini nennt folgende Faktoren: Die IGGÖ muss standardisiert festlegen, wie eine Moschee-Gemeinde aussieht. „Auch die Schule wurde vorher als Institution fixiert, bevor man sagen konnte, was muss ein Lehrer können, damit er hier unterrichten darf.“ Mit dieser Institutionalisierung geht auch die Frage der „Professionalisierung des Imam-Jobs“ einher. Erst wenn Imame von Gemeinden und/oder der öffentlichen Hand bezahlt werden, gibt es für junge Muslime einen Anreiz, die entsprechende universitäre Ausbildung zu machen. Last but not leat geht es um die „universitäre Anbindung“. Soll heißen: Wer sich in Österreich Imam nennen will, sollte zwingend eine Ausbildung an einer anerkannten theologischen Fakultät vorweisen können.
Source:: Kurier.at – Politik