Israel in Alarmbereitschaft: Welche Gefahren nach dem Assad-Sturz drohen

Politik

Israel hat nach der Flucht des syrischen Diktators einen Todfeind weniger, doch die Sorgen vor Syriens Chemiewaffen bleiben.

Von Washington bis Teheran, von Moskau bis Jerusalem – für alle kam der schnelle Sturz des Assad-Regimes in Syrien „plötzlich und unerwartet“. Alle Warnsignale wurden erst im Blick zurück erkannt. Dabei hätte gerade in Israel klar sein müssen, dass die Lahmlegung der schiitischen Achse zwischen Iran, Syrien, Libanon und dem Gazastreifen Folgen nach sich ziehen würde.

Auch im Mittelstück dieser Achse: in Syrien.

Damit droht Israel plötzlich noch eine zusätzliche Gefahr: Die „8. Front“ – aus unberechenbaren sunnitischen Milizen in Syrien. Sie könnten nach ihrem Sieg über Assads Armee von deren Waffenarsenale Besitz ergreifen. Mit chemischen Waffen, schweren Langstreckenraketen und russischen Kampfflugzeugen.

Israels Armee reagierte sofort mit schweren Luftangriffen in ganz Syrien gegen Einrichtungen der aufgeriebenen syrischen Armee. Deren Flughäfen und Waffenarsenale blieben in Israels Angriffen gegen die Präsenz der Hisbollah und der iranischen Revolutionsgarde in Syrien bislang verschont. Letzte Woche bereits verhinderte israelische Artillerie auf den Golan-Höhen einen Angriff von Rebellen gegen eine Stellung von UN-Blauhelmen.

Vorrücken auf den Golan

Am Sonntag wurde dann ein Vorrücken der israelischen Armee in den entmilitarisierten Entflechtungsstreifen auf dem syrisch kontrollierten Golan vor der Waffenstillstandslinie von 1974 gemeldet. Sie umfasst den strategisch wichtigen Hermon-Gipfel, der die israelischen Stellungen auf den Golan-Höhen überragt.

APA/AFP/OMAR HAJ KADOUR

Die siegreichen syrischen Rebellen in Damaskus

Hier liegen aber auch von Zivilisten bewohnte syrische Ortschaften. Ein klares Signal an die siegestrunkenen Rebellen im nur 40 Kilometer entfernten Damaskus: Ohne unser Einverständnis bringt euer Sieg euch keine Ruhe.

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Ein Lippenbekenntnis?

Rebellenführer al-Dschulani hat seine Kämpfer aufgerufen, keine Rache-Aktionen gegen Assad-Anhänger auszuüben. Doch hat er ein Problem: Nur ein Teil der Rebellen-Milizen erkennt seine Führung uneingeschränkt an. Wie weit war sein Aufruf ein Lippenbekenntnis? Kann und will er es tatsächlich durchsetzen?

Zumindest eine Folge der israelischen Einmischung dürfte aber auch er begrüßen: Das „Ende der Fremdherrschaft über Syrien“ durch iranische Revolutionsgarden und Hisbollah. Die Zerstörung des syrischen militärischen Potenzials aus Assad-Zeiten dürfte al-Dschulani hingegen weniger gefallen.

Doch weiß auch er: Israel hat sich in den syrischen Bürgerkrieg bisher weitgehend nicht eingemischt. Erst die Erfolge der israelischen Armee gegen die Hisbollah im Libanon und die Revolutionsgarden in Syrien machten den Weg für die Rebellen frei. Jetzt droht Syrien ein Flickenteppich aus Einflusszonen verschiedenster und verfeindeter Milizen.

Will al-Dschulani eine Fortsetzung des Bürgerkriegs zwischen den Milizen aus den verschiedenen syrischen Regionen verhindern und eine zentrale Herrschaft aufbauen? Islamistischer Hass auf Israel wird ihm dabei nicht hilfreich sein.

Doch auch Israel muss sich neu orientieren: Nachbarliche Hilfsangebote dürften nachhaltigeren Erfolg haben als die Aufbereitung einer alten Feindschaft.

Und die USA?

An die 900 Soldaten haben die USA im Südosten Syrien stationiert – mit dem Ziel, vor allem die noch immer existierenden Zellen des Islamischen Staates (IS) zu bekämpfen. Allein in der Nacht auf Montag flog die US-Luftwaffe Angriffe auf 75 IS-Ziele. Vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump ist kein stärkeres Engagement in Syrien zu erwarten: „Finger weg“, warnte er in den Sozialen Medien.

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Source:: Kurier.at – Politik

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