Die ehemaligen Spitzenpolitiker Ehud Olmert und Nasser al-Kidwa sehen im bevorstehenden Geiseldeal kein Ende des Krieges. Sie sagen: Eine Zweistaatenlösung ist der einzige Weg für langfristigen Frieden.
Als US-Außenminister Anthony Blinken am Dienstag vor die Presse trat, schwang in seinen Worten Hoffnung mit. Hoffnung, dass sich Israel und die Hamas in dieser Woche auf einen neuen Geiseldeal und eine Waffenruhe einigen können; dass dieses Abkommen der erste Schritt auf dem Weg zu einem langfristigen Frieden in Nahost sein wird.
Ehud Olmert und Nasser al-Kidwa fehlt diese Hoffnung. Die beiden ehemaligen Spitzenpolitiker – der eine war israelischer Ministerpräsident, der andere Außenminister Palästinas – haben schon vor Monaten einen gemeinsamen Plan für Frieden im Nahen Osten präsentiert.
Der KURIER traf Olmert und al-Kidwa in Wien zum Doppelinterview, wo beide auf Einladung der Österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik und die Vereinten Nationen (ÖGAVN) über ein mögliches Kriegsende sprachen. Ohne eine Zweistaatenlösung, da sind sie sich einig, wird sich dieser Konflikt nicht beenden lassen.
Kurier/Tobias Steinmaurer
Nasser al-Kidwa (l.) war einst Außenminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Ehud Olmert war israelischer Ministerpräsident. Gemeinsam treten die beiden für eine Zweistaatenlösung und einen langfristigen Frieden im Nahen Osten ein.
KURIER: Alle Welt spricht gerade über den bevorstehenden neuen Geiseldeal, der in drei Phasen sogar zu einem länger anhaltenden Frieden führen soll. Stimmt Sie das hoffnungsvoll?
Ehud Olmert: Ich habe gemischte Gefühle. Die Angehörigen der Geiseln hoffen natürlich, dass ihre Liebsten lebend zurückkehren, auch wenn einige wahrscheinlich lange tot sind. Allen anderen muss klar sein, dass es sich wahrscheinlich nur um eine Teilvereinbarung handelt, bei der es wahrscheinlich keine zweite Phase geben wird, bei der die übrigen Geiseln freikommen.
Nasser al-Kidwa: Die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen wird froh sein, zumindest 42 Tage lang Luft zum Atmen zu bekommen – deshalb können wir diesen Deal auch nicht ablehnen, wir müssen ihn unterstützen. Aber er wird nicht das Ende des Weges sein.
Warum glauben Sie das?
Olmert: Es scheint, dass Netanjahu keinen Deal eingehen will, der diesen Krieg beendet. Auch die Hamas will das nicht – sie will nur Zeit, sich zu erholen und ihre Reihen wieder aufzufüllen.
Mit anderen Worten: Dieser Deal ist besser als gar keiner, aber er ist nicht geeignet, alle Geiseln freizubekommen, den Krieg völlig zu beenden und einen Prozess zu beginnen, der es einer neuen palästinensischen Verwaltung ermöglicht, Gaza von der Hamas zu übernehmen.
Aber es ist doch Teil des Abkommens, dass in weiteren Verhandlungen alle Geiseln freikommen sollen.
Olmert: In der ersten Phase sollen nur 33 Geiseln freikommen. Was ist mit den 65, die noch dort sind? Da muss wieder neu verhandelt werden. Schon dieses Abkommen auszuhandeln, hat vom 27. Mai bis heute gedauert, acht Monate! Ich bin nicht sicher, ob dieser Deal wirklich die nächsten Schritte einleitet oder nur eine weitere Pause in diesem Krieg ist. Und das macht mir Angst.
Al-Kidwa: Die Verhandler sagen, dass der Deal sicherstellen wird, dass alle verbliebenen Geiseln freikommen. Aber dafür gibt es keine Garantie. Die politischen Aspekte werden überhaupt nicht berücksichtigt. Solange es keinen konkreten Plan dafür gibt, wie der Gazastreifen nach einem Kriegsende verwaltet werden soll, sehe ich nicht, wie wir …read more
Source:: Kurier.at – Politik