Johannes Rauch: „Die Tür ist offen, die ÖVP muss nur durchgehen“

Politik

Der grüne Minister befürchtet einen „Kahlschlag“ und appelliert an die ÖVP, Kickl nicht zum Kanzler zu machen – sondern sich um andere Mehrheiten zu bemühen. Die Grünen würden Reformen mittragen

Die Grünen müssen dieser Tage zuschauen, wie die ÖVP mit der FPÖ als künftigen Koalitionspartner grüne Herzensprojekte eindampft – etwa im Klima- und Sozialbereich. Noch-Minister Johannes Rauch appelliert an die ÖVP, umzukehren. Noch sei Zeit. 

KURIER: Bei aller Aufregung über Blau-Schwarz, könnte man nicht auch sagen: Es gab unter den Wählern eine breite Zustimmung für Mitte-Rechts bis Rechts – die Leute bekommen, was sie wollten. 

Johannes Rauch: Das könnte man sagen, aber das tue ich nicht. Als Sozialminister bin ich in großer Sorge. Die Pläne, die wir bis jetzt kennen, betreffen vor allem Familien, Pensionisten, Arbeitslose und Menschen mit geringem Einkommen. Deshalb bin ich weit davon entfernt, zu sagen: Ihr habt sie gewählt, da habt ihr’s! Weil ausbaden müssen es die Menschen. 

Auch arme Menschen haben die FPÖ gewählt.

Ja, so ist es. Wir müssen diesen Menschen sagen: Wir als Regierung haben viele Maßnahmen gesetzt, um euch zu unterstützen. Ich wehre mich, wenn jetzt gesagt wird, wir haben zu viel Geld ausgegeben. Mit dem Wohnschirm zum Beispiel haben wir rund 100.000 Menschen geholfen, die sonst aus ihren Wohnungen geflogen wären. Das haben wir nicht aus Jux und Tollerei gemacht, sondern weil es die Menschen anders nicht geschafft haben.

Sie haben auch durchgesetzt, dass die Sozialleistungen automatisch valorisiert werden. Könnte das zurückgenommen werden? 

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Es steht ja schon zur Debatte. Ich halte das – wie so viel vieles – für ökonomisch sinnbefreit. Viele dieser Leistungen tragen ja dazu bei, dass Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, wieder ihre Fähigkeit zur Selbsterhaltung zurückerlangen. Es wird immer so getan, als lägen da Hunderttausende faul in der Hängematte. Niemand ist gerne auf Sozialleistungen angewiesen. Ich befürchte, dass mit den geplanten Maßnahmen auch der soziale Friede aufs Spiel gesetzt wird.

Den Zuverdienst zum Arbeitslosengeld nennt AMS-Chef Johannes Kopf schon seit Längerem eine „Inaktivitätsfalle“. Menschen bleiben länger in der Arbeitslosigkeit, weil es sich rentiert. 

Man kann mit uns gerne darüber reden, wie man das sinnvoll gestaltet – aber bitte nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Die Möglichkeit zum Zuverdienst ist für Menschen eine Chance, die versuchen, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen.

Gestrichen werden soll auch die Bildungskarenz. Und auch die wird seit Langem kritisiert, weil sie nicht den gewünschten Effekt hat, sondern eher missbraucht wird. 

Ich bin der Letzte, der sagt, es gibt keinen Verbesserungsbedarf. Aber es ist halt ein bisserl brachial, Dinge zu beseitigen, ohne zu überlegen, wie man sie treffsicherer und besser gestalten kann.

Hätte Türkis-Grün diese Dinge ordentlich aufgestellt, dann könnte man sie jetzt nicht so leicht kübeln, oder? Sie hätten fünf Jahre Zeit gehabt. 

Diese Kritik kann man zum Teil gelten lassen. Man muss aber dazusagen, dass wir in diesen Jahren mit Corona und der Teuerung konfrontiert waren und die Krisenbewältigung im Zentrum gestanden ist. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, zu sagen: Wie gestalten wir unsere Systeme? Ein Kahlschlag ist die falsche Methode.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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