Die Neos liebäugeln mit dem Verbleib in der Opposition, die SPÖ erklärt Vermögenssteuer zur Bedingung und die ÖVP kritisiert – und kalmiert.
Scheitert die Dreierkoalition noch? Bis in die Nachtstunden von Freitag auf Samstag wollten ÖVP, SPÖ und Neos verhandeln. Eine finale Entscheidung gab es vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht. Nachdem die Tendenz in den vergangenen Wochen eher positiv war, schließen mittlerweile alle drei Parteien ein zeitnahes Scheitern von Türkis-Rot-Pink nicht mehr aus – fast drei Monate nach der Nationalratswahl.
Die kurzfristigen Auswirkungen davon wären: Österreich hätte weiterhin kein neues Budget, ein EU-Defizitverfahren wäre gewiss, und es käme wohl zu Neuwahlen.
Woran es hakt: Vor allem in Kreisen von SPÖ und Neos zweifelt man mittlerweile daran, ob die Vorteile einer Dreierkoalition größer wären als der drohende Imageschaden. Das Schicksal der Koalition beginnt mit der schwierigen Frage der Budgetsanierung – endet damit aber bei Weitem nicht.
Rote Linien – und Hanke gegen Wrabetz
Zum Budget: ÖVP und Neos sind bekanntlich gegen Vermögens- und Erbschaftssteuern. Die SPÖ hat sie quasi zur Koalitionsbedingung erklärt. Und trägt das medial so offensiv vor, dass man meinen könnte, die SPÖ sei im Vorwahlkampf. Wie das Lancieren einer Umfrage des parteinahen IFES-Instituts zeigt, wonach eine Mehrheit der Österreicher den Haushalt mit Vermögenssteuern sanieren wolle. Steuern für Vermögende sollten „die rote Linie aller Vernünftigen sein“, so auch die Dritte Nationalratspräsidentin Doris Bures im Standard. Oder „Erklärvideos“ zur Budgetsituation, die salopp bilanzieren: „Österreich geht pleite.“
REUTERS / Elisabeth Mandl
SPÖ-Verhandlerteam am 20. Dezember 2024
Oberösterreichs SPÖ-Vorsitzender Alois Stöger fordert indes die ÖVP auf, 400.000 Euro Parteispenden von KTM-Chef Stefan Pierer an die Geschädigten der KTM-Insolvenz auszuzahlen.
Zu viel der Provokation?
Natürlich streite man auch, kalmiert ÖVP-Chef Karl Nehammer auf Ö1, aber: „Umso mehr jetzt die Konflikte ausgetragen und Lösungen gefunden werden, desto sicherer wird, dass die Regierung danach stabil arbeitet.“
APA/HELMUT FOHRINGER / HELMUT FOHRINGER
ÖVP-Verhandlerteam am 20. Dezember 2024
So viel zu den offiziellen Wortspenden. Hinter den Kulissen berichtet die ÖVP, es mit „mehreren SPÖs“ zu tun zu haben. Da sei der enge Kreis rund um Andreas Babler, der links der Mitte versuche, ideologische Pflöcke einzuschlagen. Und da hätten die „gemäßigteren, vernünftigen Kräfte“ teils resigniert.
Einer davon: Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke.
„Er redet in den Verhandlungen gar nicht mehr mit“, heißt es. Den Grund dafür lieferte die Partei selbst. Von den kolportierten fünf Ministerposten, die der SPÖ zugebilligt werden, beanspruche die starke Wiener SPÖ zwei.
Das lehnten die anderen SPÖ-Länder ab. So fiel die Entscheidung zwischen Ex-ORF-Chef Alexander Wrabetz, der für die SPÖ u. a. Medien verhandelt, und Hanke auf ersteren – und damit das Animo des Finanzstadtrats, sich weiter einzubringen, in den Keller.
SPÖ sieht Machtkampf in der ÖVP
Die Erzählung von SPÖ-Verhandlern lautet so: Man habe sich in vielen Bereichen enorm kompromissbereit gezeigt, aber: „Die ÖVP ist nicht in der Realität angekommen.“ Das gelte vor allem fürs Budget. Der ÖVP-Wirtschaftsflügel beharre darauf, nur Ausgaben einzusparen und liefere hier keine konkreten, teils gar „absurde“ Vorschläge. Beispiel: Dass jeder dritte Lehrerposten nicht nachbesetzt werden soll. Die SPÖ-Interpretation: Nehammer stehe intern massiv unter Druck, es gebe einen Machtkampf um die Parteispitze.
Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer muss Forderungen der …read more
Source:: Kurier.at – Politik