„Langfristig kann es mit der OSZE so nicht weitergehen“

Politik

Die größte regionale Sicherheitsorganisation der Welt steht vor riesigen Herausforderungen. Die letzte OSZE-Generalsekretärin, Helga Schmid, über das Konsensprinzip und die Frage, warum man den Krieg in der Ukraine nicht verhindern konnte.

Sicherheit hat mehr Dimensionen als Militär und Politik, nämlich wirtschaftliche, ökologische und vor allem menschliche. Die in Wien ansässige Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) – die mit ihren 57 Teilnehmerstaaten weltweit größte regionale Sicherheitsorganisation – fokussiert sich seit über 30 Jahren genau darauf. Weil auch Russland dabei ist und bei OSZE-Entscheidungen Konsensprinzip herrscht, steht der Zusammenschluss schon länger, aber besonders seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vor riesigen Herausforderungen. Das derzeit größte Problem: Das Budget wird blockiert.

Am Donnerstag und Freitag kommen die Außenminister der OSZE-Staaten in Malta zum jährlichen Rat zusammen. Da soll auch festgelegt werden, wer die Organisation die nächsten Jahre leiten wird – denn die letzte Generalsekretärin, die Deutsche Helga Schmid, ist schon seit September nicht mehr im Amt. Warum sie trotz allem noch immer für das Konsensprinzip ist, ob die OSZE sich in einer Führungskrise befindet und ob sie den Krieg in der Ukraine verhindern hätte können, beantwortet die Diplomatin im Interview.

KURIER: Seit Sie die OSZE verlassen haben, wird sie lediglich interimistisch geleitet und hat dadurch eingeschränkte Wirkungsmöglichkeiten – in Zeiten, in denen Sicherheitsfragen so relevant wie schon lange nicht mehr sind. Ihr Vorgänger Thomas Greminger sagte, die OSZE sei in einer „existenzgefährdenden Situation“. Manche Medien sprechen von einer „Führungskrise“. Wie sehen Sie das?

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Helga Schmid: Ich sehe das ganz und gar nicht so. Die OSZE ist in sehr schwierigen Zeiten entstanden, als Kind des Kalten Krieges. Damals fanden Staaten zueinander, die eben nicht gleichgesinnt waren – um trotz ihrer Uneinigkeiten weitere Eskalationen zu verhindern. Deshalb sind Organisationen wie die OSZE weiterhin so wichtig, weil da eben nicht nur Verbündete an einem Tisch sitzen. 

Es gibt keine Führungskrise. Mein Mandat ist im September ausgelaufen. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn man sich schneller einigen hätte können, aber derart wichtige Entscheidungen werden ja auf Ministerebene getroffen – das erwarte ich für den Rat in Malta. Und eine interimistische Führung bedeutet nicht, dass die OSZE ihre Arbeit nicht weiter macht. Das wirkliche Problem ist, dass ein paar wenige Länder das Konsensprinzip missbrauchen und es deshalb schon seit einigen Jahren ein Problem mit dem Budget gibt.

Das haben Sie auch immer wieder beklagt und gemeint, die finanziellen Ressourcen seien „nicht mehr tragbar“ und man könne „so keine Organisation führen“. Wie stand es konkret um den Geldmangel, als Ihr Mandat endete?

Nicht gut. Die Budgetkrise gibt es schon länger – seit zehn Jahren gab es kein an die Inflation angepasstes Budget, seit 2021 haben wir gar kein verabschiedetes Budget mehr. Ich musste große Anstrengungen leisten, auch durch Fonds, auf die Länder freiwillig einzahlen konnten, um das Funktionieren der Organisation überhaupt aufrechterhalten zu können. Langfristig kann es mit der OSZE so nicht weitergehen, ohne ihre Existenz zu gefährden. 

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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