Mit einem noblen Diner in Reichenau begeht die Österreichisch-Russische Freundschaftsgesellschaft ihre Auflösung. In der Vergangenheit sorgte sie immer wieder für Kontroversen.
Einst gingen hier Politiker aller Couleur, Wirtschaftskapitäne, aber auch prominente Persönlichkeiten mit teils fragwürdigem Ruf ein und aus.
Nach inneren Streitigkeiten und vor allem nach dem russischen Überfall auf die Ukraine wurde es zuletzt aber ruhig um die illustre Österreichisch-Russische Freundschaftsgesellschaft (ORFG): Die Website ist nicht mehr aufrufbar, am Telefon hebt niemand ab, der letzte Facebook-Eintrag stammt aus dem März 2023.
Nun ist die ORFG endgültig Geschichte. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, musste der dahinterstehende Verein „bedauerlicherweise aufgelöst“ werden, wie es in einem Mail an die Mitglieder heißt.
Ihm hängt eine angesichts der jüngsten Entwicklungen etwas ungewöhnliche Einladung bei. Nämlich zu einem „Final Get-together“ im mondänen Kurort Reichenau an der Rax (NÖ). Zwar sei das Ende der ORFG „kein Grund zum Feiern“, lautet die Begründung, dennoch sollte „der Stil gewahrt bleiben“.
Und so veranstaltet die Gesellschaft am 7. Dezember ins Hotel Marienhof ein Galadiner. Wer dabei sein will, muss 89 Euro bezahlen.
Die so nobel verabschiedete Gesellschaft sorgte in früheren Jahren immer wieder für Schlagzeilen. Gegründet wurde sie 2000 – als Nachfolgeorganisation der österreichisch-sowjetischen Gesellschaft, die im Zuge des Endes der UdSSR 1991 ihre Aktivitäten eingestellt hatte.
Netzwerk für Politik und Wirtschaft
Die ORFG fungierte als Netzwerk für Politiker und Unternehmer, die Kontakte nach Russland suchten – was zur damaligen Zeit noch durchaus opportun war. Der Verein organisierte dafür Veranstaltungen, Vorträge und Diskussionsrunden.
Im Laufe der Zeit waren laut Medienberichten in den Gremien zahlreiche namhafte heimische Politiker vertreten.
Von ÖVP-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) über Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer bis hin zu ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, SPÖ-Politiker wie Andreas Schieder oder Christoph Matznetter waren genauso aktiv wie die Freiheitlichen Markus Tschank oder Johannes Hübner.
Mit dem ehemaligen OMV-Präsidenten Richard Schenz war zwischen 2015 und 2020 ein prominenter Manager Präsident der ORFG. Ihm folge der Vermögensberater Maximilian Habsburg-Lothringen nach.
Gegenstand von Kontroversen war aber vor allem der Gründer der Gesellschaft, der Wiener Unternehmer Florian Stermann, und die Personen, die er in die ORFG brachte.
Darunter Markus Braun und Jan Marsalek, Manager des Finanzdienstleisters Wirecard, der im Zentrum eines der größten deutschen Wirtschaftsskandale der jüngeren Vergangenheit steht. Der vermutlich nach Russland abgetauchte Marsalek spielt zudem eine Schlüsselrolle im heimischen BVT-Spionageskandal.
Beide waren „Senator“-Mitglieder der ORFG. Gegen einen Mitgliedsbeitrag von 10.000 Euro erhielten sie einen privilegierten Status innerhalb der Gesellschaft.
Nicht die einzigen umstrittenen Freunde Stermanns. Der an sich aus einem ÖVP-Umfeld stammende Unternehmer soll im Laufe der Jahre zunehmend den Kontakt zur FPÖ gesucht haben, namentlich zu Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache und Ex-Klubchef Johann Gudenus. Letzterer soll wiederum Kontakte zu Marsalek gepflegt haben, wobei Stermann den Mittelsmann gespielt haben soll. Vorgänge, die zuletzt auch Gegenstand von Ermittlungen waren.
Zurück zur ORFG: Die Versuche Stermanns, Gudenus in deren Präsidium zu hieven, sollen am Widerstand anderer Mitglieder gescheitert sein.
Wirecard-Skandal
Mit dem Publikwerden des Wirecard-Skandals 2020 musste Stermann schließlich seine Funktion als ORFG-Generalsekretär abgeben. Ihm gelang es aber noch, seinen Vertrauten Habsburg-Lothringen als Präsidenten zu installieren.
Diese Vorgänge …read more
Source:: Kurier.at – Politik