Machtübergabe in Gaza? Warum das Hamas-Angebot wenig Hoffnung macht

Politik

Israels Armee weitet seine Angriffszonen im Norden und im Süden des Gazastreifens wieder aus. Die Verhandlungen über einen Geiselaustausch und Waffenstillstand stocken. Mit einem neuen Vorschlag wollen internationale Vermittler sie wieder in Gang bringen. Doch die Ziele von Hamas und Israel bleiben weiter unklar.

Im neuen Vorschlag der Verhandler ist die Freilassung aller israelischen Geiseln im Hamas-Gewahrsam und  jene von sämtlichen Hamas-Strafgefangenen aus israelischen Gefängnissen vorgesehen – in einem einzigen Austauschvorgang. Im Gegenzug soll die Einstellung der Kämpfe und Israels vollständiger Abzug aus dem Gazastreifen folgen. 

Ein Waffenstillstand solle für mindestens fünf Jahre gelte.

Der britische Radiosender BBC zitierte indessen in der Nacht zum Dienstag  einen ungenannten Hamas-Sprecher. Ihm zufolge sei die Hamas sogar bereit, die Herrschaft im Streifen einer „anderen palästinensischen Körperschaft“ zu übergeben. „Nach nationaler und regionaler Einigung.“ Womit eine überparteiliche palästinensische Technokraten-Regierung gemeint sein könnte. 

Kein Verzicht auf Waffen

Wichtig: Der Verzicht auf eine politische Herrschaftsbeteiligung ist bislang nicht von einem Verzicht auf Waffen begleitet. Mit anderen Worten: Im Hintergrund verbleiben die bewaffneten Hamas-Kräfte im Gazastreifen. Mit ihren Waffen können sie jederzeit jede Regierung vertreiben. Und wie bereits mehrfach in der Vergangenheit geschehen. Auch jüngste Versuche, eine Aussöhnung zwischen der säkularen PLO im Westjordanland und der verfeindeten Hamas in Gaza zu erreichen blieben im Ansatz stecken.

So missverständlich die Hamas-Bereitschaft bleibt, so widersprüchlich bleiben die israelischen Stellungnahmen zur Lage. So erklärt die Armeeführung die erneuerten Kämpf als „Druckmittel gegen die Hamas“, bis zu deren Einwilligung in einen neuen Geiselaustausch. 

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Premier Benjamin Netanjahu hingegen spricht vom „alternativlosen Kampf um unsere Existenz. Bis zum Sieg über die Hamas“. Die Geiseln lässt Netanjahu beiseite. Einige Minister äußerten offen, dass deren Befreiung nicht wichtigstes Kriegsziel sei. 

Druckmittel gegen die Hamas

Die erneuten Kämpfe widersprechen dem Wunsch von US-Präsident Donald Trump nach einem „baldigen Kriegsende“. Bislang aber duldet die US-Regierung die erweiterte Offensive Israels. Als Druckmittel gegen Hamas. Doch für wie lange? Ein Dauerkrieg behindert die US-Bemühungen um ein regionales Verteidigungsbündnis mit den pro-westlichen arabischen Nachbarn gegen die iranische Bedrohung.

APA/AFP/OMAR AL-QATTAA

Kommt hinzu die wachsende Opposition in Israel gegen den „Verrat an den Geiseln“. Mehrere Tausend Reservesoldaten, darunter vor allem hohe Offiziere und Elite-Kämpfer, forderten bereits schriftlich die Befreiung der Geiseln als wichtigstes Ziel beizubehalten. Vereinzelt wurde bislang mit  Befehlsverweigerung gedroht. 

Schon jetzt ist über die Hälfte der einberufenen Reservisten unfähig, dem Stellungsbefehl zu folgen, teils aus „wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen“. Israels Armee hat kaum noch Reserven. 

Ministerielle Träume von Besatzung – gar noch mit neuen Siedlungen – haben jeden Bezug zur Wirklichkeit verloren. Eine neue Besatzungsherrschaft im Gazastreifen würde Milliarden verschlingen. Von den Menschenleben auf beiden Seiten ganz zu schweigen. 

So bleibt eine Verhandlungslösung mit Einstellung der Kämpfe und Abzug die realistischere Option. Doch ohne Entwaffnung der Hamas wäre auch sie nicht auf Dauer.  

 

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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