Matzka verteidigt Verfassungsdienst gegen grüne Kritik: „Das System ist gut und richtig“

Politik

Klimaministerin Gewessler trat in Debatte um EU-Renaturierung die Flucht nach vorne an und unterstellte dem Rechtsdienst, die Gesetze im Sinne der ÖVP zu interpretieren. Ex-Spitzenbeamter widerspricht vehement.

Die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler hat vergangene Woche im EU-Umweltrat für das neue Renaturierungsgesetz gestimmt – ob sie das durfte oder nicht, das bietet derzeit Stoff für Diskussionen. Der Verfassungsdienst im Kanzleramt sagte ganz klar: Nein, denn es gelte ein Einvernehmen mit dem betroffenen ÖVP-Landwirtschaftsminister herzustellen. Auch das Veto der Landeshauptleute sei noch aufrecht gewesen – da sagt nicht nur der Verfassungsdienst, sondern auch Experten wie Walter Obwexer und Peter Bußjäger. 

Diese Einschätzung – und die Positionierung des Verfassungsdienstes ganz generell – zieht Gewessler jetzt offen in Zweifel: Am Samstag sagte sie im Ö1-Journal, dass dort zwar „viele hochkarätige Juristen“ arbeiten, „aber sie arbeiten dort nicht unabhängig“. Bei deren Rechtsinterpretation komme oft heraus, „was der ÖVP passt“. Gewessler wünscht sich deshalb für die Zukunft einen „weisungsfreien“ Rechtsdienst. 

Aber wie läuft die Arbeit im Verfassungsdienst wirklich ab? Der KURIER hat bei Manfred Matzka nachgefragt. Matzka hat acht Jahre lang im Verfassungsdienst gearbeitet und war danach 16 Jahre lang Chef der Präsidialsektion im Kanzleramt – er kennt die Abläufe also in- und auswendig. 

Über die Darstellung Gewesslers habe er schmunzeln müssen, sagt Matzka: Die grüne Klimaministerin wisse offenbar nicht, wie der Verfassungsdienst arbeitet. 

Er hilft aber gerne weiter: „Dort arbeitet eine handverlesene Truppe von sehr guten Juristen, viele davon haben eine Vorkarriere als Uni-Assistenten, haben publiziert und sind Spezialisten in ihren jeweiligen Bereichen.“ Dass ihre Stellungnahmen dem Wunsch des jeweiligen Kanzlers entsprechen würden, das weist Matzka klar zurück: „Unter den Kollegen herrscht eine sehr intensive Gesprächskultur. Wenn einer einen Blödsinn sagt, protestieren die anderen sofort.“ 

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Er erinnere sich jedenfalls nicht, dass in seiner Zeit im Verfassungsdienst oder im Kanzleramt jemals eine inhaltliche Weisung gegeben worden wäre. 

Keine Stellungnahme

Hinzu kommt: Der Job im Verfassungsdienst sei für viele der dort tätigen Juristen nur eine Zwischenstation, und parteipolitisch eingefärbte Stellungnahmen kämen in Fachkreisen überhaupt nicht gut an, im Gegenteil. Matzka ist überzeugt: „Wenn der Verfassungsdienst etwas vorlegt, dann hat das Hand und Fuß.“

Wenn er etwas vorlegt. Matzka erinnert sich, dass der Verfassungsdienst bei heiklen politischen Themen, in denen der Kanzler ein bestimmtes Ziel verfolgt hat, eben keine Stellungnahme abgegeben hat. Nach der Devise: Lieber nichts sagen als etwas „Falsches“ sagen müssen.  

So kann es durchaus vorkommen, schildert der Ex-Spitzenbeamte, dass sich der Verfassungsdienst bei Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof einer Stellungnahme enthält, ebenso bei Verfahren gegen die Republik vor dem Europäischen Gerichtshof oder beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Ebenso bei Vorhaben der Bundesländer oder bei Anfragen aus dem Parlament.

„Beamte entscheiden anhand der Gesetze“

Den Verfassungsdienst als Rechtsdienst weisungsfrei zu stellen, wie Gewessler gefordert hat, hält Matzka nicht für notwendig. „Jedes Ministerium ist hierarchisch aufgebaut, ebenso das Kanzleramt. Das ist gut so. Die dort tätigen Beamten entscheiden anhand der Gesetze. Für die Rechtsprüfung sind dann ohnehin die unabhängigen Gerichte da.“ Das System sei, so wie es ist, „gut und richtig“, betont Matzka im KURIER-Gespräch. 

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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