
Der Trend hat sich schon im Vorjahr gezeigt: Die Migrationszahlen in Europa sinken, die Zahl irregulärer Einreisen in die EU fiel 2024 auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren – 239.000 Migranten und Geflüchtete waren angekommen. Das selbe Bild bot sich heuer in den ersten drei Monaten: Laut Grenzschutzagentur FRONTEX sind fast ein Drittel weniger Menschen (minus 31 Prozent) illegal in die EU eingereist als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Für Migrationsforscherin Judith Kohlenberger ist das alles keine Überraschung: Der Höhepunkt der Migrationsbewegungen nach der Corona-Pandemie sei vorüber, „und viele syrische Flüchtlinge, die sich von den Lagern in der Türkei Richtung Europa aufgemacht haben, sind schon da.“
Das zeigt sich besonders deutlich beim Rückgang der Migrationszahlen über die Balkanroute: Dort sanken die illegalen Grenzübertritte laut Frontex besonders stark. Fast um zwei Drittel weniger Ankünfte wurden von Jänner bis Ende März im Jahresvergleich registriert. Nur rund 2.000 Personen wurden gemeldet, die meisten davon kamen aus Afghanistan, Syrien und der Türkei. Die gesunkenen Zahlen hätten aber auch mit den „geänderten Maßnahmen“ der Balkanstaaten zu tun, sagt Kohlenberger.
Serbien etwa habe seine Visa-Politik geändert – was die Migrationszahlen in die EU in der Folge rasch einbremste. Denn Belgrad hatte Bürgern von Indien und Tunesien freies Einreisen gewährt – quasi als Belohnung für Staaten, die den Kosovo international nicht anerkennen.
Österreich bekam es zu spüren
Besonders Österreich bekam das bald zu spüren, als die Asylansuchen von Indern massiv zunahmen. Erst auf massiven Druck der EU hin – auch Ex-Kanzler Karl Nehammer reiste mit derselben Forderung zur serbischen Führung – stellte Serbien seine Visa-Freiheit für Indien und andere Länder ein. Das Resultat: Inder stellen derzeit kaum noch Asylanträge.
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Flüchtlingsankunft auf Teneriffa
Aber generell wurde das Durchkommen entlang der Balkanroute schwieriger: Die Grenzkontrollen wurden verschärft, die Zahl der FRONTEX-Beamten zwischen Griechenland, Albanien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina aufgestockt, das EU-Budget für Grenzschutzmaßnahmen erhöht.
Gewirkt haben offenbar aber auch die Flüchtlingsabkommen der EU mit nordafrikanischen Staaten, etwa Tunesien. Sie versprechen den Regierungen Wirtschafts- und Finanzhilfen im Gegenzug dafür, dass Schleusern das Handwerk gelegt wird und so Geflüchtete von der lebensgefährlichen Fahrt auf der „zentralen Mittelmeer-Route“ Richtung Europa abgehalten werden. Auch dort sanken die Zahlen in den ersten drei Monaten heuer um 26 Prozent, rund 8.500 Menschen sind angekommen.
Doch mindestens zwei große Krisen könnten den Trend sinkender Migrationszahlen auch wieder umkehren. Zum einen der seit zwei Jahren tobende Krieg im Sudan, der an die13 Millionen Menschen in- und außerhalb des afrikanischen Landes in die Flucht gezwungen hat. Weit mehr als eine Million ist in riesige Flüchtlingslager des benachbarten Tschad geflüchtet. „Von dort sind noch keine großen Fluchtbewegungen in Richtung Europa feststellbar“, sagt Kohlenberger.
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Flüchtlingslager im Sudan
„Doch wer sind dann vom Tschad nach Libyen aufmacht, wird nicht in Libyen bleiben“ sagt die Migrationsexpertin – und werde sich früher oder später weiter aufmachen.
Gestrichene Hilfen
Die zweite Grund, der eine solche Fluchtbewegung in Richtung Europa auslösen könnte, ist der Rundumschlag der USA gegen ihre bisherige Entwicklungshilfe. Mit einem Schlag hatte US-Präsident Donald Trump Ende Jänner USAID aufgelöst – jene Organisation, die weltweit jährlich mehr als 60 Milliarden Dollar Hilfe geleistet hat. „Die …read more
Source:: Kurier.at – Politik