Was hat der Abgang der Neos für Folgen? Politikberater Thomas Hofer gibt eine erste Einschätzung der Lage und erklärt, wie es weitergehen könnte.
Politikberater Thomas Hofer sieht eine äußert verzwickte Situation in der Bundespolitik. Eine Neuwahl sei für ihn jedenfalls wahrscheinlicher geworden.
KURIER: Die Regierungsverhandlungen von Schwarz, Rot und Pink sind geplatzt. Was passiert jetzt weiter?
Thomas Hofer: Aus Sicht der Kanzlerpartei ÖVP gab es bisher nur schlechte Varianten, und die haben sich noch einmal zugespitzt. Natürlich können sie jetzt versuchen, doch noch eine schwarz-rote Regierung zu zimmern und zu hoffen, dass sowohl Neos als auch Grüne deren Reformen fallweise unterstützen. Aber prickelnd ist das nicht, man darf nicht vergessen, dass aus Sicht von ÖVP und den Neos vor allem die SPÖ jene Partei war, die schon Paktiertes wieder aufgemacht haben. Das ist von den Roten eine hochriskante Vorgehensweise. Die Alternative ist eine Neuwahl.
Könnte die ÖVP doch noch mit den Blauen koalieren?
Natürlich kann man auch daran denken, dass Nehammer als Chef seiner Partei zurücktritt. Da kursieren längst Namen wie Altkanzler Sebastian Kurz oder der noch wenig bekannte Wolfgang Hattmannsdorfer aus Oberösterreich. Die Frage ist, wie schnell das geht und wäre das in der Partei mehrheitsfähig. Aber klar gibt es einige Leute in der ÖVP, die das gut fänden und machen könnten. Das bleibt aus meiner Sicht aber im Konjunktiv.
Die Verhandlungen könnten zwischen Schwarz und Rot aber auch einfach weitergehen, die haben ja eine Mehrheit, wenn auch nur mit einem Mandat.
Diese dünnste aller möglichen Mehrheiten, es wäre ja keine GroKo sondern eine KleinKo, eine kleinstmögliche Koalition, ist ebenso hochriskant. Aus Sicht von Nehammer wäre das aber eine Möglichkeit, den Kanzlersessel zu retten. Aber eben schwierig – mit Blick auf das parteiinterne Gefüge, Stichwort Wirtschaftsbund, der ohnehin schon unzufrieden über die Verhandlungen war, und mit Blick auf einige Länder wie zuletzt die Steiermark oder jetzt Niederösterreich und Oberösterreich, die Verluste befürchten müssen.
Also doch Blau-Schwarz?
Wie gesagt, das ist alles Skylla und Charybdis (Anmerkung: in einer Zwickmühle sein, sich in einer schwierigen, ausweglosen Situation befinden). Eine schlechte Variante jagt da die nächste. Die ÖVP muss ja wissen, wenn sie als Juniorpartner dann ohne Nehammer in eine Regierung geht, geht das immer mit einem Minus nach der nächsten Wahl aus.
Und die dritte Variante?
Neuwahlen. Das ist aus Sicht der ÖVP ebenfalls keine gute Option. Mit wem dann an der Spitze der Partei, wenn es nicht viel zu gewinnen gibt? Weil Neuwahlen heißt auch Niederlage für die Volkspartei, die ja an den Verhandlungen gescheitert sind.
ÖVP-General Stocker hat in einer ersten Reaktion recht deutlich der SPÖ die Schuld am Ausscheiden der Neos aus den Regierungsverhandlungen gegeben, das ist doch auch kein gutes Zeichen?
Ich war ja nicht dabei, aber auch Meinl-Reisinger hat ja angedeutet, dass mit SPÖ-Chef Andreas Babler alles sehr schwierig gewesen sei. Babler ist nicht nur für die Neos, sondern vor allem für die ÖVP eine nur schwer zu umschiffende Person. Das bleibt auch so. Das wäre mit anderen Personen, etwa mit dem Wiener Peter Hanke, vielleicht leichter, so eine Hochrisikokonstellation zu wagen mit nur einem Mandat Überhang. Empfehlen kann man …read more
Source:: Kurier.at – Politik