Nicht erst die Amokfahrt in den USA zeigt: Terroranschläge im Namen des Islamischen Staats nehmen wieder zu, auch in Europa. Die Situation in Syrien könnte den Terroristen in die Karten spielen
Die sonst so belebte Bourbon Street im historischen French Quarter von New Orleans blieb auch am Donnerstag noch großräumig abgesperrt, nachdem ein texanischer Veteran im Namen einer islamistischen Terrororganisation mit seinem Wagen in eine Menschenmenge gerast war.
Der getötete Attentäter – ein gebürtiger US-Bürger – hatte sich vor der Tat zum Islamischen Staat (IS) bekannt. Zu Beginn des neuen Jahres ist dieser damit in den USA wieder in aller Munde – mehr als fünf Jahre, nachdem der damalige (und künftige) US-Präsident Donald Trump im Oktober 2019 stolz erklärt hatte, die Miliz sei nach dem Tod ihres langjährigen Anführers Abu Bakr al-Baghdadi „zu 100 Prozent zerschlagen“.
Wie ist das möglich?
Tatsächlich war es dem US-Militär und vor allem kurdischen Milizen damals inmitten des syrischen Bürgerkriegs gelungen, das 2014 vom IS ausgerufene Kalifat im Grenzgebiet zwischen Syrien und dem Irak zu zerschlagen. Heute kontrollieren die Terroristen keine nennenswerten Gebiete mehr, müssen wieder aus dem Untergrund agieren. Doch besiegt waren die Terroristen zu keinem Zeitpunkt.
Zahl der IS-Anschläge nahm 2024 zu
Anfang Dezember veröffentlichte das US-amerikanische Hudson Institute einen langen Bericht zu den Aktivitäten des IS seit 2019. Demnach verringerte sich die Zahl der Anschläge, die der IS für sich reklamierte, dank des anhaltenden Drucks der regionalen Kräfte sowie der USA sowohl in Syrien als auch dem Irak von Jahr zu Jahr – bis sie sich 2024 plötzlich wieder verdoppelte.
Auch im Ausland führten Terroristen im Namen des IS im Vorjahr wieder eine Reihe blutiger Anschläge durch:
Im Jänner töteten zwei Selbstmordattentäter beim Begräbnis eines iranischen Generals in Teheran 80 Menschen.
Im März stürmten zwei Bewaffnete eine Konzerthalle in Moskau und schossen in die Menge – 137 Tote.
Im August erstach ein Syrer im deutschen Solingen drei Menschen auf offener Straße.
Auch in Wien war der IS 2024 aktiv: Die geplante Konzertreihe des US-amerikanischen Popstars Taylor Swift im Sommer wurde nach der Verhaftung eines Mannes abgesagt, der dort so viele Besucher wie möglich töten wollte. Erst Anfang Dezember wurde ein 21-Jähriger festgenommen, der auf einem Wiener Christkindlmarkt zuschlagen wollte.
Was all diese Täter und Verdächtigen eint: Sie hatten sich zuvor online mit IS-Kämpfern in Syrien oder Afghanistan ausgetauscht und Anweisungen erhalten, wie die Tat durchzuführen sei.
Die Situation dürfte sich verschlechtern
Studienautor Aaron Zelin vom Hudson Institute führt das Wiedererstarken des IS auf die Situation in Syrien zurück. Die kurdischen Milizen, die heute den Großteil des einstigen IS-Kalifats kontrollieren, seien durch Angriffe islamistischer Milizen sowie der Türkei in den vergangenen Monaten unter Druck geraten. Das habe dem IS Luft verschafft.
Zelin meint sogar: „In Syrien gibt es Hinweise darauf, dass der IS weniger Anschläge für sich reklamiert, um schwächer zu erscheinen, als er tatsächlich ist.“
Die Situation dürfte sich verschlechtern: Durch die Machtübernahme der islamistischen Miliz HTS in Syrien dürfte der Druck auf die Kurden steigen. Sollten die sich deshalb in ihr Kernland im Norden zurückziehen, blieben kurdische Gefängnisse im Osten unbewacht – mitsamt tausender …read more
Source:: Kurier.at – Politik