Israel will die Gunst der Stunde nutzen, um die verbliebenen Verbündeten des Iran zu schwächen. Doch kampfunfähig sind die Huthi-Rebellen (noch) nicht.
Völlig überraschend schlugen im Dunkel der Nacht zum Donnerstag Hunderte Bomben im Nordwesten des Jemen ein. Dutzende israelische Kampfflugzeuge zerstörten alle Häfen, zwei Kraftwerke und wichtige Kraftstoffspeicher. Neun Menschen starben. Diese Operation „Weiße Stadt“ war das Ergebnis wochenlanger Vorbereitung: 2000 Kilometer hin, 2000 Kilometer zurück, nachtanken in der Luft. Die Bombardierung hinterließ Chaos und Zerstörung im Huthi-Gebiet. Doch selbst nach diesem harten Schlag dürfte die Islamisten-Miliz nicht kampfunfähig sein.
„Auf Eskalation werden wir mit Eskalation antworten“, warnte nach dem Nachtangriff ein Huthi-Sprecher. Dabei hatte die Huthi-Miliz bereits in derselben Nacht noch vor der israelischen Bombardierung wieder Israel beschossen. Kein Gegenangriff, sondern der zweite Angriff diese Woche.
„Raketen-Tröpfeln“
Eine Drohne wurde von Israels Luftabwehr abgeschossen. Der Abschuss einer weiteren Rakete führte jedoch zu schweren Sachschäden an einem über Nacht leerstehenden Schulgebäude bei Tel Aviv. Im letzten Kriegsjahr wurden durch solche Huthi-Angriffe auf zivile Wohngebiete in Israel ein Mensch getötet und mehrere verletzt. Die Israelis reden von „Raketen-Tröpfeln“.
Dessen langfristigen Folgen sind enorm: Ausländische Fluggesellschaften stellen ihre Flüge nach Israel ein. Es kommt zu starken Preissteigerungen in Israel. Vor allem durch die Huthi-Angriffe auf die internationale Seefahrt im Golf von Aden. Israels Verteidigungsminister Israel Katz warnt: „Wer uns angreift, muss mit siebenfacher Vergeltung rechnen.“
Was durch die weite Distanz zum Angriffsziel jedoch erschwert wird. Auch durch den Mangel an genauen geheimdienstlichen Informationen über den Feind. Probleme, die Israel bislang nicht beseitigen konnte. Erst danach wären gezielte Angriffe gegen das militärische Potenzial oder auch gegen die Führungsriege der Huthi-Miliz wirklich entscheidend. Wie im Krieg gegen die Hamas-Miliz im Gazastreifen und die Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon.
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Feuerwehrleute löschen das Feuer nach israelischen Luftangriffen auf ein Kraftwerk in Sana’a, Jemen, 19. Dezember 2024.
Geschwächte „Achse des Bösen“
Deren Schwächung führte letztlich auch zum Sturz des Assad-Regimes in Syrien. Wodurch das islamistische Mullah-Regime im Iran seine wichtigsten Verbündeten auf der „Achse des Bösen“ verlor. Zu der gehört auch die Terrorarmee der Huthis. Sie haben aber ihre eigenen Ziele und agieren unabhängiger von Teheran als Hamas und Hisbollah. Um ein Einlenken der Huthis zu erzwingen, muss das bestehende internationale Marine-Bündnis gegen sie aktiver werden. Aber auch politische Arbeit wäre nötig.
Ohne die USA und die arabischen Anrainerstaaten ist dies unmöglich. Der von vielen erwartete „Domino-Effekt“ blieb daher aus. Die Biden-Regierung scheute vor einer Ausweitung ihrer Angriffe zurück. Sie fürchtete den regionalen Krieg mit Iran. Zwar griff sie noch vor wenigen Tagen Huthi-Stellungen an. Es blieb aber bei Sachschäden. Ob die kommende neue Trump-Regierung massiver vorgehen wird, ist unklar. Ihr wird das US-Auftreten als „Weltpolizist“ zu teuer. Doch könnten die Huthis zur Ausnahme werden. Gefährden sie doch den Welthandel. Der Iran ist geschwächt.
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Houthi-Kämpfer bei einer Parade in Sana’a, Jemen am 18. Dezember 2024.
Ohne ein Zusammenlegen aller Geheimdienst-Ressourcen Israels, der USA und der mit den Huthis verfeindeten Anrainerstaaten bleiben wirksamere Schläge unmöglich. Doch nur sie können ein militärisches Einlenken der Huthis erzwingen. Und somit auch diplomatische Möglichkeiten eröffnen. Etwa durch neue Verhandlungen über eine Autonomie-Regelung im …read more
Source:: Kurier.at – Politik