ÖVP-Chef Karl Nehammer schließt eine Erhöhung der Grundsteuer nicht mehr aus. Das gefällt der SPÖ, stößt aber ÖVP-intern auf Skepsis. Allen voran bei Wirtschaftskammer-Präsident Mahrer.
Der Umschwung kam einigermaßen überraschend. Entgegen allen bisherigen Beteuerungen kann sich ÖVP-Chef Karl Nehammer nun doch Steuererhöhungen unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen.
Bis dato war für die ÖVP Sparen ausschließlich mittels „Ausgabenbremse“ vorstellbar. Ein Entgegenkommen gegenüber der SPÖ, um in den Koalitionsverhandlungen die verfahrene Situation beim Thema Finanzen aufzulösen. In Diskussion steht nun vor allem eine mögliche Anhebung der Grundsteuer. Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen dazu:
Was ist eigentlich die Grundsteuer?
Die Grundsteuer ist eine Abgabe auf Grundbesitz, die nicht der Bund, sondern die Gemeinden bekommen. Die Grundsteuer unterscheidet land- und forstwirtschaftliche Vermögen von anderen Grundvermögen (egal, ob bebaut oder nicht) und basiert auf einem vergleichsweise komplizierten, seit Jahrzehnten unveränderten Prinzip.
Wie wird die Steuer berechnet?
Das Verfahren ist komplex. Zunächst stellt das Finanzamt den „Einheitswert“ für das Grundstück fest. Dieser wird mit einer „Steuermesszahl“ versehen, die je nach Grundstücksart variiert. Land- und forstwirtschaftliche Grundstücke werden auf Basis von Ertragswerten berechnet, bebaute Grundstückte richten sich nach den typisierten Baukosten, unbebaute auf der Basis von Quadratmetern und Bodenrichtwerten (von 1973). Am Ende legt die Gemeinde den „Hebesatz“ fest, der den endgültigen Betrag der Grundsteuer fixiert.
Wie hoch ist die Steuer – und was bringt sie?
Laut Gemeindebund beläuft sich die durchschnittliche Grundsteuer für ein Einfamilien-Haus in Österreich auf 180 bis 240 Euro pro Jahr. Insgesamt nimmt die öffentliche Hand dadurch laut Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo rund 750 Millionen Euro im Jahr ein.
Ist die Steuer noch zeitgemäß?
Nein, in der derzeitigen Form sicher nicht. Weder der Gemeinde- noch der Städtebund halten die Grundsteuer für fair und zeitgemäß – und sie wissen viele Wirtschaftsforscher hinter sich. Die erwähnten Einheitswerte sind mehr als 50 (!) Jahre alt, der tatsächliche Marktwert von Grundstücken und Immobilien ist damit nicht einmal ansatzweise in der Steuer-Berechnung abgebildet. Hinzu kommt, dass die Finanzämter aufgrund der komplexen Steuer-Rechnung oft mit dem Erstellen der Bescheide nicht nachkommen. Die Konsequenz: Eigentümer werden noch mit Grundsteuer belegt, obwohl sie ihr Grundstück oder die Immobilie bereits verkauft haben. Seit Jahren wird aus diesen und anderen Gründen eine Reform der Grundsteuer gefordert und überlegt – sie wurde aber nie umgesetzt.
Was halten Wirtschaftsforscher von einer Grundsteuer-Reform?
Sehr viel. IHS-Chef Holger Bonin hält nicht nur aufgrund des im Budget nötigen Sparpakets eine Reform der Grundsteuer für klug. Auch der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, Gabriel Felbermayr, kann einer Reform viel abgewinnen. Er sieht auch einen politisch interessanten Zugang für die Koalitionsverhandlungen: Da die Grundsteuer auf Vermögen eingehoben wird, könnte die eine Seite – die SPÖ – behaupten, sie habe etwas erreicht; im Gegenzug sei es für ÖVP und Neos möglich zu argumentieren, dass man „echte“ Vermögenssteuern verhindert habe.
Auch die OECD argumentiert seit Jahren, dass Österreich bei der Steuerbelastung umschichten sollte. Der Faktor Arbeit sollte weniger, andere Dinge wie der Ausstoß von CO2 oder der Besitz von Grundstücken eben im Zuge einer neuen Grundsteuer höher besteuert werden.
Was könnte man schnell ändern?
Margit-Schratzenstaller-Altzinger, Budget-Expertin des Wifo-, schätzt, dass mit einer einfach Anhebung der „Hebesätze“ in den Gemeinden ein …read more
Source:: Kurier.at – Politik