Der 78-seitige Entwurf zur Reform liegt vor. Der KURIER erklärt den geplanten Ablauf – von der Anordnung über die Auswertung und Zufallsfunden bis zu den Rechten, die Beschuldigte haben.
ÖVP und Grüne haben gestern, Mittwoch, im Nationalrat einen gemeinsamen Antrag für eine Reform der Strafprozessordnung eingebracht. Herzstück ist die Handy- bzw. Datensicherstellung, für die eine neue Ermittlungsmaßnahme eingeführt werden soll.
Der KURIER erklärt, wie solche Maßnahmen künftig ablaufen würden:
1. Die Anordnung
Derzeit muss die Staatsanwaltschaft zwar eine Hausdurchsuchung vom Gericht bewilligen lassen, dann kann sie aber mitnehmen bzw. von der Polizei mitnehmen lassen, was sie für nötig hält.
Das soll sich ändern, indem eine eigene Ermittlungsmaßnahme eingeführt wird: die „Beschlagnahme von Datenträgern und Daten“. Für Beschlagnahmen wird immer eine gerichtliche Bewilligung benötigt, und davor steht eine Anordnung.
Die Staatsanwaltschaft müsste in diese Anordnung schreiben, um welches Verfahren und welche Tat es geht, warum die Maßnahme zur Aufklärung der Tat erforderlich und verhältnismäßig ist. Zudem muss sie umschreiben, welche Datenkategorien und Inhalte in Bezug auf welchen Zeitraum zu beschlagnahmen sind.
2. Die richterliche Genehmigung
Ein Richter genehmigt dann diesen vorab festgesteckten Rahmen – nicht mehr und nicht weniger. Das ist wichtig, weil nach diesen Kriterien später die Aufbereitung der Daten stattfindet.
3. Zugriff durch die Polizei
Die Polizei darf auch selbst und ohne richterliche Bewilligung zugreifen. Und zwar bei „Gefahr in Verzug“, wenn also ein Verlust des Datenträgers bzw. einzelner Daten droht. Im Entwurf werden aber auch Einzelfälle genannt – etwa, wenn ein Beschuldigter flüchtig ist und man auf einem Handy Hinweise vermutet, wo er sich aufhält.
Zudem können Nachrichten gesichert werden, die sonst nach Ablauf einer bestimmten Zeit verschwinden würden – wie es in vielen Messenger-Apps ja eingestellt werden kann.
Möglich ist auch ein „punktueller Zugriff“, wenn die Ermittler genau wissen, was sie brauchen und nicht den gesamten Datenschatz sicherstellen wollen. Beispielsweise, wenn es um einzelne Videos aus einer Überwachungskamera oder ein einzelnes Dokument auf einem Server geht.
4. Die Aufbereitung der Daten
Von den „Originalsicherungen“ wird eine Arbeitskopie erstellt, die Daten werden dann im Umfang der gerichtlichen Bewilligung aufbereitet.
Das Ergebnis muss im Fall einer Anklage auch dem Gericht übermittelt werden. Und: Beschuldigte haben ein Recht auf Einsicht in den aufbereiteten Teil ihrer Daten. Aber dazu später mehr.
Die vorab umstrittenste Frage bei dem Thema war: Wer darf in den gesamten Datenschatz hineinschauen und das herausfiltern, was in der Anordnung festgelegt wurde?
In der Regel macht das schon jetzt meistens die Kriminalpolizei mit ihren Datenforensikern. Nach Vorstellung der ÖVP wäre ihnen diese Aufgabe fix übertragen worden – ohne Möglichkeit für die Staatsanwaltschaften, hineinzuschauen. Das ist im vorliegenden Entwurf aber nicht der Fall.
Über einen recht subtilen Querverweis gelangt man zu jenem bestehenden Paragrafen in der Strafprozessordnung, der darauf hinweist, dass die Staatsanwaltschaft „auch selbst Ermittlungen durchführen oder durch einen Sachverständigen durchführen lassen“ kann.
5. Die Auswertung
Das Ergebnis der Datenaufbereitung wird dann inhaltlich ausgewertet – sprich: einzelne Chats werden angeschaut und strafrechtlich analysiert. Dabei verwendet die Staatsanwaltschaft Suchbegriffe.
Neu ist, dass auch Beschuldigte Suchbegriffe definieren dürfen – etwa, wenn sie glauben, dass es zu ihrer Entlastung dienen würde, wenn die Ermittler den einen oder anderen Chat auch lesen, …read more
Source:: Kurier.at – Politik