Österreichs oberster Krisenkoordinator: „Wir müssen die Widerstandskraft erhöhen“

Politik

Peter Vorhofer ortet einen deutlichen Bedeutungsverlust der UNO. Außen- und Sicherheitspolitik müssten völlig neu gedacht werden.

Er war Berufsoffizier und Leiter der Direktion für Verteidigungspolitik, seit August ist er Österreichs oberster Krisenkoordinator. Im KURIER-Interview erklärt Peter Vorhofer, warum sich die Weltordnung mittlerweile komplett ändert und wie sich Österreich aufstellen muss, um wirklich krisenfest zu sein. 

KURIER: Herr Vorhofer, die Woche stand international unter dem Eindruck von Donald Trumps Amtseinführung. Jetzt könnte man sagen: Washington ist weit weg, Österreich in der EU, Herr Trump hat mit unserer Sicherheit wenig zu tun. Stimmen Sie zu?

Peter Vorhofer: Das Gegenteil ist der Fall. Wir betreten sicherheitspolitisch ein neues Spielfeld, auf dem andere Regeln gelten. Man kann das mit dem Fußball vergleichen, wo zwei Mannschaften auf dem Platz stehen, um raum-gewinnend zu agieren, wo aber alle Spieler im Eigeninteresse handeln. Das bedeutet: Auch zwischen den Mannschaften finden sich Spieler zu Allianzen zusammen.

kurier / Martin Winkler

Das klingt so, als sei plötzlich die weltweite Anarchie angesagt…

Die Entwicklung, von der ich spreche, hat 2016 mit Trumps erster Amtszeit begonnen und ist ein globales Phänomen. Bis dahin wirkte der Idealismus der Nachkriegszeit nach. Was meine ich damit? Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Staatengemeinschaft unter dem Eindruck der Gräuel des Zweiten Weltkriegs gesagt: Damit so etwas nicht wieder passiert, verlagern wir die Sicherheitsfragen auf eine höhere, übergeordnete Ebene. 

Sie meinen die UNO…

Exakt. Die ersten Brüche entstanden als sich die Sowjetunion und China von diesem Prinzip verabschiedet haben. Die einzige Weltmacht, die bis zuletzt zumindest versucht hat, die UNO als funktionierendes System aufrecht zu erhalten, waren die USA. Diese befinden sich aber auf einem Rückzug aus dieser Verantwortung, der noch weiter voranschreiten wird.

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Die UNO verliert an Relevanz?

Nicht nur sie. Auch Organisationen wie die OSZE. Praktisch alle sicherheitsproduzierenden Organisationen haben mit diesem Bedeutungsverlust zu kämpfen. Und das bedeutet auch für uns, die Außen- und Sicherheitspolitik neu zu denken.

Was sind denn die großen Herausforderungen, denen sich Österreich stellen muss?

Im Prinzip gibt es zwei große Fragen: Die eine ist der Klimawandel. Hier geht es darum, uns anzupassen und eine entsprechende Leistung hierfür zu erbringen. Überflutungen, längere Hitze- und Trockenphasen, all das findet statt und bedeutet, dass wir gegensteuern müssen. Beispielsweise mit Schutzmaßnahmen wie Dämmen oder einer Anpassung der Landwirtschaft, die höhere Temperaturen verkraftet.

Und die zweite Herausforderung?

Sie besteht in der bereits angesprochenen Auflösung der regulierten Weltordnung. Wir müssen uns als mittelgroßes Land darauf einstellen, dass sich global verschiedene Machtzentren herausbilden, die ums Überleben kämpfen. Die Europäische Union und wir als Mitgliedsland müssen uns auf höheren Konkurrenzdruck einstellen. Und sehr einfach gesagt gibt’s in einer solchen Situation nur zwei Möglichkeiten: Man ist Teil einer größeren Gruppe. Oder man ist selbst so stark, dass man seine Interessen behaupten kann.

Das sind keine rosigen Aussichten…

Ich sage das so deutlich, weil man glauben könnte, wir können einfach nichts tun und die unsteten Zeiten, die wir erleben, durchtauchen. Davor warne ich. Diese Phase, in die wir sicherheitspolitisch eintreten, kann 20, 30 Jahre andauern – und darauf gilt es sich vorzubereiten.

Wie?

Indem wir uns als Gesellschaften in Europa gut aufstellen und für unsere Sicherheit selbst Verantwortung …read more

Source:: Kurier.at – Politik

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