ÖVP will Landwirtschaftsministerium, bleibt Norbert Totschnig Minister?

Politik

ÖVP-Bauern fordern Ministerium und alle Umweltagenden. Starken Dissens gibt es mit den Freiheitlichen bei der Frage der Preisdeckel für Lebensmittel.

Norbert Totschnig war in Eile. Am Freitag gastierte der amtierende Landwirtschaftsminister der ÖVP in Deutschlands Bundeshauptstadt Berlin, es ist gerade „Grüne Woche“. 

Die Grüne Woche gibt es seit 100 Jahren, sie ist eine der größten Messen für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau, ein Mega-Event, kurzum: ein MUSS-Termin.

Doch die Koalitionsgespräche nehmen momentan auffallend viel Zeit in Anspruch. Und deshalb passierte Totschnig die Stände im Eil-Tempo, nahm schon die Mittagsmaschine retour nach Wien und verpasste sein bundesdeutsches Pendant, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, als dieser bei der rot-weiss-roten Agrarmarkt Austria vorbeischaute.

Harkt es bei den Umwelt- und Landwirtschaftsthemen bei den Koalitionsgesprächen?

Das wäre wohl zu platt gesagt.

Was die Bauern angeht, sehen ÖVP und FPÖ vieles ähnlich, insbesondere die grüne Klimaschutzpolitik der Leonore Gewessler wird als überbordend und überfordernd gesehen.  

Doch wer ein wenig in die ÖVP-Bauernschaft hineinhört, dem wird schnell klar: Einfach ist die Blau-Türkise Koalition auch nicht für diese, in der Volkspartei durchaus einflussreiche Gruppe.

Stimmt schon: ÖVP und FPÖ teilen vielfach die Einschätzung, dass Europa in manchen Belangen zu bürokratisch agiert. Das gilt insbesondere für die Bauern. So beklagt Totschnig, dass der Green Deal  500 neue Detail-Regulierungen bringt, die Österreichs Landwirte vielfach demotivieren. 

Die klar pro-europäische Grundhaltung der ÖVP-Bauern gilt bis heute aber als unverhandelbar. Und sie passt nicht zu den EU-abgeneigten Freiheitlichen, die mit einer AfD fraternisieren, die offen den EU-Austritt fordert.

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„Die Volkspartei steht für eine starke EU“, sagt Totschnig, der ganz offen eingesteht, dass ÖVP und FPÖ „bei Haltung und Werten Vieles trennt“.

Das hat nicht allein ideologische, sondern auch  pragmatisch-wirtschaftliche Gründe: 85 Prozent aller agrarischen Exportwaren landen in der Europäischen Union – sie ist der wichtigste Absatzmarkt für Österreichs Bauern und als solcher unverzichtbar.

Exemplarisch dafür, dass ÖVP und FPÖ selbst im Bäuerlichen manches trennt, ist die Frage der  „Preisdeckel“: Angesichts der Teuerung hat die FPÖ  Preisobergrenzen für Grundnahrungsmittel in ihr Wahlprogramm geschrieben. 

Für Konsumenten mag es attraktiv erscheinen, wenn Milch, Käse oder Wurst mit einer Preisobergrenze versehen werden. Für Josef Moosbrugger, den Präsidenten der Landwirtschaftskammer, ist derlei aber ein „absolutes No-Go“. 

Seine Argumentation: Die Preise für landwirtschaftliche Produkte seien nicht gestiegen, weil die Bauern einfach ihren Gewinn nach oben treiben wollten, sondern weil auch sie selbst unter höheren Energiepreisen und Arbeitskosten leiden und diese abdecken müssen.  

„Die FPÖ wird da Farbe bekennen müssen, man sollte nicht allen nach dem Mund reden“, sagt Moosbrugger. Soll heißen: Man kann als FPÖ nicht den Konsumenten billige Lebensmittel versprechen und gleichzeitig die Bauern fair behandeln. Geht es nach der ÖVP, wird es jedenfalls keine Preisdeckel bei Lebensmitteln geben.

Grundbedingung

Die naheliegende Frage, ob Norbert Totschnig Landwirtschaftsminister bleiben kann und wird, ist derzeit offen. Der 50-jährige selbst will sich  nicht klar deklarieren – „wir verhandeln Inhalte, nicht Posten.“ 

Klar ist: Die ÖVP will den Job auf alle Fälle für sich. 

„Das ist für uns eine Grundbedingung“, sagt Kammerchef Moosbrugger. Und die Umweltthemen – derzeit noch in einem eigenen Ressort bei Leonore Gewessler gebündelt – müssen wieder zurück ins Ministerium. Andernfalls werde das eher nichts. So heißt es zumindest.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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