Pflege als Schwerarbeit: Kann sich Österreich das leisten?

Politik

Mit 60 Jahren in Pension gehen: Wer in den letzten 20 Arbeitsjahren mindestens zehn Jahre „schwer“ gearbeitet hat, kann das grundsätzlich. Vorausgesetzt, der Betroffene bringt es in Summe auf 45 Versicherungsjahre. Die Bundesregierung will die aktuelle Regelung nun für den Pflegebereich aufweichen.

Psychische Belastungen, Arbeitsstunden und Mehrfachbelastungen sollen stärker berücksichtigt werden, erklärte Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) zu Wochenbeginn. Weitere Details seien in Ausarbeitung, ab 1. Jänner 2026 soll die neue Regelung gelten.

Damit können künftig mehr Menschen früher in Pension gehen. Schumann geht von Zusatzkosten von 40 Millionen Euro pro Jahr aus. Ökonom Dénes Kucsera vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria hält diesen Wert für zweifelhaft. „Wenn mehr Menschen in Frühpension gehen, sinken auch die Einnahmen durch die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge“, sagt Kucsera zum KURIER.

Langfristiges Problem

Nun ist unklar, wie viele Pflegekräfte die Neuregelung tatsächlich nutzen werden. Von rund 126.000 Neupensionierungen nahmen 2023 5.100 Personen die Schwerarbeitspension in Anspruch. Viele 60-Jährige, die prinzipiell Schwerarbeit verrichtet haben, kommen nicht auf die nötigen 45 Beitragsjahre.

Das Hauptproblem bei den Kosten sieht Kucsera aber langfristig: „Der Anreiz, in Frühpension zu gehen, wird auch künftig deutlich größer.“ Zum Hintergrund: Wer mit 60 in Schwerarbeitspension geht, muss pro Jahr Abschläge in Höhe von 1,8 Prozent in Kauf nehmen. Bis zum aktuellen gesetzlichen Pensionsantrittsalter, das bei 65 Jahren liegt, steigen die Abschläge also auf maximal neun Prozent. Bei der normalen Frühpension oder Korridorpension, die derzeit ab 62 möglich ist, gelten jährliche Abschläge von 5,1 Prozent.

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Abschläge zu niedrig?

„Bei der Schwerarbeiterpension sind die Abschläge deutlich niedriger. Sie gehört zu den höchsten Pensionen, die man noch dazu am längsten bezieht“, sagt Kucsera. Eigentlich müssten die Abschläge „deutlich höher sein“ und bei der Korridorpension liegen, so der Ökonom. Und: „Frühpensionierungen sollten keine Maßnahme sein, um Berufe attraktiver zu machen.“

Kucsera hält rechtzeitige Umschulungen von Schwerarbeitern für den besseren Weg. Abzuwarten bleibt auch, inwiefern die Regelung noch ausgedehnt werden könnte. Die Vertreter mehrerer Berufsgruppen im Gesundheitsbereich – Spitalsärzte, Sanitäter und mobile Dienste – fühlen sich benachteiligt. Auch GPA-Vorsitzende und Nationalratsabgeordnete Barbara Teiber (SPÖ) fordert eine Lösung für alle. Die Regierung dürfe nicht auf halbem Weg stehen bleiben.

Pensionssystem immer teurer

Aus dem Sozialministerium heißt es am Freitag gegenüber Ö1, man wisse, dass viele Berufsgruppen körperlich und psychisch belastende Arbeit leisteten. Man werde sich die gesamte Schwerarbeitsverordnung noch anschauen müssen.  Klar ist: Bei einer Ausweitung auf weitere Gruppen würden auch die Pensionskosten weiter steigen – vor dem Hintergrund eines massiven Budgetdefizits.

Das Pensionssystem wurde in den vergangenen Jahren immer teurer. Gegenüber 2019 sind 2024 die staatlichen Zuschüsse für die Pensionen um 10,3 Milliarden Euro gestiegen. 2019 gab der Staat 19,6 Milliarden oder 4,98 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, um das System zu stützen. Im Vorjahr waren es bereits 30 Milliarden oder 6,13 Prozent des BIP.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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