Polen übernahm den EU-Ratsvorsitz am 1. Jänner von Ungarn.
Polen hat den ungarischen Botschafter von der offiziellen Zeremonie zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft ausgeladen. Grund dafür ist, dass Ungarn dem ehemaligen polnischen Vize-Justizminister Marcin Romanowski politisches Asyl gewährt hat, gegen den wegen mutmaßlichen Missbrauchs öffentlicher Gelder ermittelt wird. Das teilte Polens stellvertretende Ministerin für Europa-Angelegenheiten, Magdalena Sobkowiak-Czarnecka, am Freitag mit.
Asyl-Vorfall ließ Gästeliste schrumpfen
Auch der ungarische Premier Viktor Orban war nicht zu der Zeremonie mit Polens Regierungschef Donald Tusk und EU-Ratspräsident Antonio Costa am Abend in Warschau eingeladen. Polen übernimmt die alle sechs Monate wechselnde EU-Ratspräsidentschaft von Ungarn.
Bei der Einladung der Gäste vor einem Monat sei ursprünglich auch das gesamte diplomatische Korps eingeladen worden, sagte Vize-Ministerin Sobkowiak-Czarnecka in einem TV-Interview. Aber nach dem Asyl-Vorfall mit Romanowski habe die Regierung entschieden, dass der ungarische Botschafter bei der Zeremonie nicht willkommen sei. Ungarn hatte Romanowski kurz vor Weihnachten politisches Asyl gewährt und damit Polen in die Nähe eines Unrechtsstaates gerückt. Die polnische Regierung verfolge ihre politischen Gegner, hieß es zur Begründung.
Spannungen zwischen Orban und Tusk
Romanowski war im vergangenen Juli festgenommen worden, nachdem ihm das polnische Parlament die Immunität entzogen hatte. Er wurde jedoch kurz darauf wieder freigelassen wegen Immunität als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Deren Präsident Theodoros Rousopoulos hatte darauf gedrängt. Die Staatsanwaltschaft wirft Mitgliedern der erzkonservativen Partei Souveränes Polen, einem ehemaligen Juniorpartner in der früheren nationalistischen Regierung unter Führung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), vor, sie hätten Gelder aus einem Justizfonds veruntreut, mit dem Opfer von Verbrechen unterstützt werden sollen. In diesem Zusammenhang ermittelt sie auch gegen Romanowski. Dieser bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und spricht von einer Hexenjagd.
Der national-konservative Orban hatte enge Beziehungen zu der alten polnischen Regierung. Die Beziehungen zu der EU-freundlichen Regierung von Tusk sind jedoch angespannt. Tusk wirft Orban unter anderem einen pro-russischen Kurs vor und kritisiert dessen Haltung im Ukraine-Krieg, wie etwa die Ablehnung von Militärhilfe. Orban wirft der seit gut einem Jahr amtierenden Regierung Tusk im Gegenzug vor, Ungarn als einen Feind zu betrachten.
Source:: Kurier.at – Politik