Sabotageakte im Meer: „Russland und China versuchen, uns auszutesten“

Politik

Ob Pipelines oder Unterseekabel: Immer häufiger wird maritime Infrastruktur zum Ziel hybrider Angriffe. Sicherheitsexperte Jeremy Stöhs warnt: „Es kommen harte Zeiten auf uns zu.“

Von Gaspipelines wie Nord Stream II oder Balticconnector bis zu Unterseekabeln: Sie alle wurden seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine mutwillig zerstört, die Fälle bis heute nicht restlos aufgeklärt. Im Verdacht stehen Russland und China, denen Experten vorwerfen, einen „hybriden Krieg“ gegen den Westen zu führen.

Jeremy Stöhs ist ein solcher Experte. Der Grazer forscht seit Jahren zu maritimer Sicherheitspolitik. Im KURIER-Interview analysiert Stöhs die Gefahr für Europas maritime Infrastruktur, die Sinnhaftigkeit der angekündigten NATO-Patrouillen in der Ostsee und erklärt, wie man solche Angriffe in Zukunft verhindern könnte.

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Jeremy Stöhs

KURIER: Die NATO hat angekündigt, bald mit Kriegsschiffen in der Ostsee patrouillieren zu wollen. Hilft das, Pipelines und Unterseekabel zu schützen, oder ist das eine symbolische Maßnahme?

Jeremy Stöhs: Es ist schon sinnvoll, dass man hier politischen Zusammenhalt signalisieren und abschreckend wirken will. Meiner Meinung nach fokussieren sich die Medien aber zu sehr auf die Streitkräfte. Vielmehr sollte man darauf schauen, was andere Behörden machen, etwa die Küstenwache, die Polizei, der Zoll. Die führen nämlich einen wichtigen Teil der Meeresüberwachung durch. 

Man muss hier vielleicht erklären: Pipelines und Unterseekabel sind keine staatliche Infrastruktur, sie werden fast immer von privaten Unternehmen verlegt. Diese Firmen haben oft ihre eigenen Abteilungen zur Informationsgewinnung und überwachen zum Teil auch ihre eigene Infrastruktur.

Die Herausforderung besteht darin, die Informationen all dieser an der Meeresüberwachung beteiligten Organisationen zusammenzutragen. Es gibt zwar Systeme, in denen das funktioniert – zum Beispiel arbeiten Finnland, Schweden, Polen und die baltischen Staaten gut zusammen – aber insgesamt brauchen wir eine bessere nachrichtendienstliche Vernetzung.

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Diese Angriffe finden fast immer in internationalen Gewässern statt und werden von vermeintlich zivilen Schiffen durchgeführt, etwa, indem sie ihren Anker über den Meeresboden schleifen. Wie können Behörden das verhindern, man kann doch nicht jedes zivile Schiff stoppen?

Einen absoluten Schutz vor hybriden Angriffen wird es nie geben. Selbst, wenn die gesamte US Navy in die Ostsee einfahren würde, könnte sie nicht garantieren, dass nicht irgendwo doch etwas passiert. Wenn allerdings mehr Überwachung stattfindet, diese Schiffe also frühzeitig beobachtet werden, werden diese Angriffe unwahrscheinlicher.

Es sind ja nicht einfach irgendwelche Schiffe, die diese Sabotageakte durchführen. Alles deutet darauf hin, dass allen voran russische, aber auch chinesische Crews hier im Auftrag ihrer Staaten handeln.

Die sogenannte russische „Schattenflotte“ …

Ganz genau. Wir gehen davon aus, dass momentan zwischen 300 und 400 Schiffe auf Geheiß des Kreml die Weltmeere bereisen, um einerseits mit heimlichen Geschäften die Sanktionen zu umgehen, aber eben auch hybride Angriffe durchzuführen. 

Diese Schiffe sind meist alt, haben keine Lizenzen mehr und sind von undurchsichtigen Firmen versichert. Sie schalten auch häufig ihre Transponder ab. Für Nationalstaaten gibt es durchaus legale Wege, Schiffe mit diesen Eigenschaften zu überprüfen. 

So haben es zum Beispiel die Finnen gemacht, als sie vor Kurzem ein mutmaßlich russisches Schiff abgeschleppt, das jedoch auf den Cook Inseln registriert ist, abgeschleppt und festgesetzt haben. Dieses Schiff ist damit sofort außer Gefecht und man könnte in weiterer Folge der Crew und den Betreibern den …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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