
Der Wirtschafts- und Sozialexperte Christoph Badelt von der Wirtschaftsuniversität Wien tritt in der Debatte um die Sozialhilfe-Reform für die (Wieder-)Einführung von Mindestsätzen statt der aktuell geltenden Höchstsätze ein. „Von der Logik der Sozialpolitik kann es nur um Mindestsätze gehen“, sagte der Fiskalratspräsident bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Zu den Einsparungspotenzialen verwies er einmal mehr auf den geringen Anteil der Sozialhilfe am Sozial-Budget.
„Es müsste ein einheitlicher politischer Wille in diesem Land existieren, unter welches Niveau ein Mensch, der zu Recht in diesem Land lebt, finanziell nicht fallen darf“, sagte Badelt bei der von der Initiative „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“ organisierten Pressekonferenz mit dem Titel „Sozialhilfe Neu: Symbolpolitik oder echte Entlastung?“ Unterschiedliche Leistungen in den Bundesländern erachtet er als nicht sinnvoll. Für die Wohnkosten freilich gelte das nicht, hier müssten die regionalen Unterschiede – wie schon bisher – berücksichtigt werden.
Mit der Logik der Sozialhilfe bzw. der Sozialpolitik – „die darauf schauen soll, dass Menschen nicht unter ein gewisses Niveau in ihrem Leben fallen sollen“ – seien Mindestansprüche das „einzig Sinnvolle“, betonte der Budget- und Sozial-Experte. „Ich halte daher die seinerzeitige Abschaffung des Prinzips der Mindestsicherung für einen schweren sozialpolitischen Fehler, das will ich ganz klar sagen“, blickte Badelt in die jüngere Vergangenheit und auf das im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (SH-GG) festgeschriebene Prinzip der Höchstsätze (Maximalbeträge). Für Alleinlebende liegen diese im Jahr 2025 bei maximal 1.209 Euro pro Monat.
Es sei auch die Sinnhaftigkeit des Grundprinzips zu hinterfragen, so Badelt: „Worin besteht die Logik, dass der Bund den Ländern Höchstbeträge für die Sozialhilfe vorschreibt? Das kann ja überhaupt nur einen Sinn machen, wenn man beim Bund der Auffassung ist, die Länder haben so viel Geld, die schmeißen da so wahnsinnig viel hinaus, das wollen wir verhindern.“ Dies sei „in der Praxis nie passiert“. Die „wirkliche Kontrolle“ dass ein Bundesland nicht zu viel ausgibt, werde ohnehin über den Finanzausgleich durchgeführt, sagte er.
Badelt: Geringer Anteil der Soziahilfe-Kosten am Budget
Die propagierten Kürzungen in der Sozialhilfe seien verteilungspolitisch kontraproduktiv und finanzpolitisch nicht wirklich relevant, verwies Badelt auch auf den geringen Anteil der Sozialhilfe-Kosten am Gesamtbudget. Freilich sei die budgetäre Lage „wirklich katastrophal“ – Faktum sei, dass es ohne „beträchtliche Ausgabenkürzungen“ nicht gehen werde. Die Frage sei aber, wo man kürzt. Badelt verwies darauf, dass die Sozialhilfe an den 159 Milliarden Euro Budget im Sozialbereich lediglich 1,3 Milliarden ausmacht, damit sei sie „eigentlich ein kleiner Fisch“. „Schon unter diesem Gesichtspunkt muss man sich die Frage stellen: Wie logisch ist es, wenn bei Kürzungen als erstes auf die Sozialhilfe geschaut wird?“
Es werde wohl kaum jemanden geben, der bestreitet, „dass die Empfängerinnen von Sozialhilfe Menschen sind, die am untersten Ende der Hierarchie, beim Einkommen, beim sozialen Status liegen. Insofern löst das Ganze bei mir auch als Fiskalratspräsident ein gewisses Magenknurren aus, wenn man zuallererst über Kürzungen im Bereich der Sozialhilfe redet.“
14 Prozent in armutsgefährdeten Haushalten
Karin Heitzmann von der Wirtschaftsuniversität Wien, die neben Badelt als Expertin geladen war, verwies unter anderem auf die Armutsindikatoren (EU-SILC Befragung 2024), aus denen hervorgeht, dass 14 Prozent der Gesamtbevölkerung in armutsgefährdeten Haushalten lebt und vier Prozent in Haushalten mit …read more
Source:: Kurier.at – Politik



