
Die Regierung muss 6,4 Milliarden Euro im Budget finden. Ein nicht abgestimmter Vorschlag aus dem Finanzministerium führt gleich zu Beginn von Türkis-Rot-Pink zu Verstimmungen.
War das die erste veritable Regierungskrise oder lediglich ein „Sturm im Wasserglas“, wie der neue Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) meint? Ein Gesetzesentwurf des Finanzministeriums (BMF), über den die Presse zuerst berichtete, hat am Donnerstag jedenfalls zu heftigen Reaktionen geführt.
Konkret geht es um die Verlängerung des „Energiekrisenbeitrags“, auf die sich ÖVP, SPÖ und Neos im Regierungsprogramm geeinigt haben. Dieser hat dem Staat im Vorjahr 272 Millionen Euro eingebracht und lief mit Jahresende 2024 aus.
Im türkis-rot-pinken Programm steht: „Der Energiekrisenbeitrag Strom sowie der Energiekrisenbeitrag Fossile Energie werden verlängert und so angepasst, dass bereits 2025 sowie auch in den Folgejahren Einnahmen von 200 Mio. € erzielt werden.“ Diese Einnahmen, die Energieversorger entrichten müssen, sind Teil des Maßnahmenpakets, mit dem die Regierung heuer 6,4 Milliarden Euro freischaufeln und ein EU-Defizitverfahren abwenden will.
Mit welchem Modell man 200 Millionen Euro erzielt, ist laut Programm jedenfalls offen. Jenes, das das BMF den Regierungspartnern vorgelegt hat, sorgt insbesondere in der Energiewirtschaft für große Aufregung.
Warum der Vorschlag so polarisiert
Erstens soll der Krisenbeitrag für Energieversorger wieder eingeführt werden – und zwar in verschärfter Form. Zusätzlich steht im Entwurf des SPÖ-Ministers aber auch eine – im Programm nicht erwähnte und damit auch nicht akkordierte – Sonderabgabe für Stromerzeuger. Gaskraftwerkbetreiber sollen vier Euro, Erzeuger von grünem Strom drei Euro pro Megawattstunde bezahlen.
Von einem „absolut falschen Signal für die Industrie und die Energiewende“ spricht die Industriellenvereinigung. Strom werde nun „deutlich teurer“, warnt die IG Windkraft. Und der Dachverband der Stromkonzerne Österreichs Energie sieht „weitreichende Auswirkungen auf die Stromerzeugung, die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Erzeuger am europäischen Strommarkt“ und die „Investitionssicherheit im Energiebereich“ in Gefahr.
Doch auch Vertreter der Koalitionspartner zeigen sich auf Nachfrage teils überrumpelt. Abgesprochen war der Vorschlag zur Sonderabgabe mit ÖVP und Neos im Vorfeld nämlich nicht. Türkis und Pink versuchen offiziell zu kalmieren, von einem Streit oder einer Provokation will man (noch) nicht sprechen. Der Vorschlag sei „noch in Prüfung“, meint etwa Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP).
Unterschiedliche Zahlen
Offensichtlich geht es in erster Linie auch darum, wie viel Geld die Maßnahme bringt. Laut Entwurf sollte die „Sonderzahlung ca. 200 Mio. Euro pro Jahr zur Budgetkonsolidierung beitragen“, die Sonderabgabe laut Presse zusätzlich 250 Millionen einbringen. Beide Werte klingen nicht völlig unrealistisch: Rechnet man mit den Stromstatistiken von 2023 (Stromproduktion von 62.240 Gigawattstunden Grünstrom und 11.006 GWh Strom aus Erdgas), wären das rund 230 Millionen Euro, die von den Stromerzeugern an die Finanz zusätzlich abgeliefert werden müssten.
Ist Marterbauers Vorschlag also überschießend und somit schädlich für den Energie-Standort?
Die 200-Millionen-Frage
Laut KURIER-Informationen liegen dem Finanzressort interne Berechnungen vor, wonach der Energiekrisenbeitrag alleine die nötigen 200 Millionen nicht einspielen dürfte. Die Sondersteuer sei demnach vor allem als Vorsorgemaßnahme gedacht.
Marterbauer sagt: „Es geht jetzt um die Frage, auf welchem Weg wir zu den 200 Millionen Euro kommen, und da sind die Fraktionen im Gespräch. Wir werden eine sehr pragmatische Lösung finden, also die Aufregung ist ein bisschen umsonst.“
Eigentlich hätte der Energiekrisenbeitrag am Donnerstag im Budgetausschuss beschlossen werden sollen …read more
Source:: Kurier.at – Politik