
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer und Industriepräsident Knill reagieren kritisch. Schweizer Konzerne üben sich in vorauseilendem Gehorsam
Unternehmen mit Mitarbeitenden aus verschiedenen Nationen sind in aller Regel stolz auf die Vielfalt in ihrem Betrieb und werben damit im Kampf um Talente und Fachkräfte. Unternehmen mit vielen Frauen in Führungspositionen wird regelmäßig größerer wirtschaftlicher Erfolg attestiert. Gleichstellung und Vielfalt werden in Europa groß geschrieben. Wenn es nach Donald Trump geht, soll damit nun Schluss sein.
Die USA sind auf einem reaktionären Feldzug gegen die „illegale Diskriminierung“ Weißer, wenn es etwa um die Beschäftigung von Migranten oder die Bevorzugung schwarzer Studenten geht. Auch Programme, um der historischen Benachteiligung von Frauen entgegenzuwirken, wurden per Erlass Trumps verboten.
„Brave“ US-Konzerne
US-Konzerne wie Meta (Facebook, Instagram), Alphabet (Google) oder McDonald“s haben ihre Maßnahmen für Chancengleichheit und Diversität im Zuge der Rückkehr Trumps ins Weiße Haus bereits gekübelt.
Auch in Österreich, wie zuletzt in Spanien oder Frankreich, sollen Auftragnehmer der US-Botschaft sowie Unternehmen, die im US-Eigentum stehen oder US-Bürger beschäftigen, ihre Diversitätsprogramme einstampfen.
Das wird von der US-Botschaft in Wien zwar freundlich umschrieben, es gehe lediglich darum „ein zusätzliches Formular“ auszufüllen und „selbst zu bescheinigen“, dass man sich an die neuen US-Vorschriften hält. An der Auswirkung ändert das freilich wenig. Wer mit US-Behörden und Regierungsstellen auch künftig Geschäfte machen will, soll die sogenannten DEI-Programme (steht für „Diversity, Equity and Inclusion“) beenden, daran besteht kein Zweifel.
Nicht bekannt geben will die US-Botschaft, welche Firmen in Österreich betroffen sind und entsprechende Schreiben bekommen haben.
Kräftiger Wirtschaftsfaktor
Öffentlich bekannt wurden bisher die Reaktionen aus Paris und Madrid, wo die Regierungen offen und wirklich empört von einer „inakzeptablen Einmischung“ der USA sprechen. Aber auch in Wien fallen die Reaktionen kritisch aus.
Für die Industriellenvereinigung sagt Präsident Georg Knill zum KURIER: „Die Förderung von Diversitätsprogrammen ist nicht nur eine wichtige Frage der Werte, die wir vertreten wollen, sondern auch ein wirtschaftlicher Faktor. In Österreich erzielten vier von sechs Unternehmen durch diversitätsfördernde Maßnahmen finanzielles Wachstum – deutlich mehr als der Durchschnitt. Unternehmen von außen politisch zu gesellschaftspolitischen Maßnahmen zwingen zu wollen, ist anmaßend.“
Orientierung an europäischen Werten
Auch der neue Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) reagiert empört: „Unsere Unternehmen orientieren sich an europäischem und österreichischem Recht – und damit auch an Werten wie Vielfalt und Inklusion. Statt ideologischer Debatten sollten wir uns auf das Wesentliche konzentrieren: Lösungen für die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen und den Ausbau fairer Handelsbeziehungen. Wir erwarten, dass sich die USA an bestehende Verträge mit österreichischen Unternehmen halten.“
In Europa üben sich bisher nur Schweizer Konzerne, die stark in den USA engagiert sind, in vorauseilendem Gehorsam. So haben die Großbank UBS und die Pharmariesen Novartis und Roche ihre Aktivitäten im Bereich der Diversität aufgegeben oder massiv reduziert.
Source:: Kurier.at – Politik