Ungarns Außenminister: „Krieg ist kein Grund für einen EU-Beitritt“

Politik
Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó im Gespräch mit dem KURIER in der ungarischen Botschaft in Wien.

Brüssel fürchtet, dass unter Ungarns Ratspräsidentschaft die europäische Unterstützung der Ukraine leiden könnte. Außenminister Péter Szijjártó weist Kritik am Vorsitz Ungarns vehement zurück.

Mit 1. Juli übernimmt Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft. Brüsseler Diplomaten fürchten Monate des Stillstands, etwa was Hilfen an und eine EU-Integration der Ukraine angeht. Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó beruft sich im Gespräch mit dem KURIER in der ungarischen Botschaft in Wien auf geltendes europäisches Recht – das Ungarn in vielen anderen Fragen nur allzu gerne bricht.

KURIER: Der EuGH hat gegen Ungarn eine Millionen schwere Geldstrafe wegen Verletzung des Asylrechts verhängt, EU-Gelder sind wegen Rechtsstaatlichkeitsbedenken eingefroren. Jetzt übernimmt Ungarn die Ratspräsidentschaft. Das sorgt für Kritik.

Péter Szijjártó: Nicht jeder in Europa ist glücklich, dass wir die Präsidentschaft übernehmen, das ist keine Überraschung. Allerdings ist das sehr heuchlerisch. Die Ausübung der Präsidentschaft basiert auf einem Rotationsprinzip, das im europäischen Regelwerk festgeschrieben ist. Die Länder, die uns für unsere Rechtsstaatlichkeit kritisieren, verstoßen selbst gegen europäische Vorschriften, indem sie etwa trotz Ungarns Veto die Verwendung von russischem Vermögen für Waffen für die Ukraine beschließen. Diese Kritik ist also inakzeptabel.

In Brüssel besteht Sorge, dass wichtige Entscheidungen verschleppt werden, zum Beispiel Hilfen für die Ukraine blockiert oder Kiews Weg in die EU verzögert wird.

Wenn es um die Erweiterung der EU geht, müssen wir zuerst auf die westlichen Balkanländer schauen. Sie warten im Schnitt seit 15 Jahren und zwei Monaten! Gelingt es nicht, diesen Prozess zu beschleunigen, wird die Glaubwürdigkeit der gesamten europäischen Erweiterungspolitik zerstört. Für die Ukraine müssen dieselben Bedingungen und derselbe Prozess gelten wir für die Westbalkanländer. Einfach nur in einen Krieg verwickelt zu sein, ist kein Grund für einen EU-Beitritt.

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Ist eine rasche Integration der Ukraine in die EU nicht geopolitisch relevant?

Eine Mitgliedschaft in der EU würde den Krieg nicht beenden. Dafür braucht es einen Waffenstillstand und Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Mir geht es aber auch um etwas anderes: Die EU ist nicht vorbereitet auf die Folgen, die der Beitritt der Ukraine hätte. Sehen Sie sich den Getreidemarkt an. Was ist passiert, als das ukrainische Getreide auf den europäischen Markt kam? Es hat die Bauern in den Ruin getrieben. Ein anderes Beispiel: die Nutzung der europäischen Straßen durch ukrainische Logistikunternehmen. Die Polen haben die Grenze blockiert, es kam zu Grenzwartezeiten von 16 Tagen, die Auswirkungen waren auch in Ungarn zu spüren.

KKM/Tamas Andronyi

Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó im Gespräch mit dem KURIER in der ungarischen Botschaft in Wien.

Sie fordern einen Waffenstillstand in der Ukraine – der würde dann aber angesichts der aktuellen Frontlinie zugunsten Putins Forderungen gehen, die Ukraine müsste einen Teil von ihrem staatlichen Territorium abgeben.

Es muss eine Vereinbarung zwischen der Ukraine und Russland getroffen werden, die das Töten der Soldaten beendet und zu einem Waffenstillstand und einem nachhaltigen Frieden führt, der auch Europa Sicherheit garantiert. Wir zahlen einen hohen Preis für einen Krieg, der nicht unserer ist: Ungarns Energiekosten sind um zehn Milliarden Euro gestiegen, das sind sechs Prozent des BIP. Wir hatten eine Spitzeninflation von 27 Prozent, und mussten das gesamte letzte Jahr daran arbeiten, um sie auf drei bis …read more

Source:: Kurier.at – Politik

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