„Unglaublicher Affront“: Ärztekammer-Chef empört über ÖVP-Pläne

Politik

Der Ärztekammer-Präsident hält nichts vom ÖVP-Vorschlag einer Berufspflicht für Jungmediziner. Den SPÖ-Ideen kann er genauso wenig abgewinnen, von Minister Rauch ist er enttäuscht

Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart gilt als ÖVP-nahe. Im aktuellen Wahlkampf ist er aber nicht auf Linie mit den Türkisen und ihrem Gesundheitsprogramm.

KURIER: Demnächst endet die Amtszeit von Gesundheitsminister Johannes Rauch, der mit der Ärztekammer oft auf Kriegsfuß stand. Wie erleichtert sind Sie über seinen vermutlich baldigen Abgang? 

Johannes Steinhart: Vor allem seine letzten Entscheidungen waren nicht sehr glücklich. Im Zuge der Gesundheitsreform hat er der Ärzteschaft das Einspruchsrecht bei der Errichtung neuer Ambulatorien genommen und damit der Konzernisierung des Gesundheitssystems Tür und Tor geöffnet. Genau das droht jetzt mit dem Abverkauf der Vamed und ihren Reha-Zentren an ein medizinfremdes Unternehmen. Wir kennen das aus Deutschland, wo Konzerne ganze Ordinationsketten aufgekauft haben und jetzt die Preise diktieren.

Rauch hat auch beim Stellenplan für Ordinationen das Vetrorecht der Kammer gekippt. Negative Auswirkungen hatte das bis dato aber keine.

Es wird aber zu Verschlechterungen führen. Wir haben uns immer um eine gute Verteilung der Stellen gekümmert, damit die Patienten bestmöglich versorgt sind. Etwa wenn sich ein Primärversorgungszentrum 50 Meter neben einem Allgemeinmediziner ansiedeln wollte, der dort schon 20 Jahre seine Ordination betreibt, und gleichzeitig die Versorgung andernorts fehlte. Gerade in diesem Bereich herrscht derzeit seitens von Immobilieninvestoren eine Goldgräber-Stimmung. Ich bin enttäuscht von Rauch. Wir hatten immer eine gute Gesprächsebene, doch jetzt feiert er sich dafür ab, dass er – wie er selbst sagt – die Ärztekammer zurückgeschnitten hat.

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Geplant ist ein bundesweit einheitlicher Gesamtvertrag für Kassenärzte, der es für Mediziner attraktiver machen soll in diesem System zu arbeiten. Wann wird er kommen?

Man wird neben einem bundesweit einheitlichen Grundgerüst auch weiterhin Rücksicht auf lokale Gegebenheiten nehmen müssen, weil für einen Arzt in der Stadt Salzburg einfach mehr Kosten etwa für Immobilien anfallen als in Eisenstadt. Eine völlige Vereinheitlichung wäre nur möglich, wenn man sich an den höchsten Tarifen orientiert und diese regionalen Unterschiede mitberücksichtigt. Es kann nicht sein, dass ein Bundesland nach der Reform schlechter dasteht als davor.

Kommen wir zu den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien: Die ÖVP fordert eine Berufspflicht für frisch ausgebildete Ärzte, um sie im System zu halten. Eine sinnvolle Idee?

Das ist für uns ein unglaublicher Affront. Wieso soll jemand bestraft werden, weil er Medizin studiert? Dann müsste auch jeder Architekt ein Jahr lang Brücken bauen gehen. Jahrzehnte waren wir froh über das freie Studium. Jetzt, weil es uns gerade freut, führen wir Zwangsmaßnahmen ein. Das lehne ich kategorisch ab.

Gefällt Ihnen die SPÖ-Forderung nach einem garantierten Facharzttermin binnen 14 Tagen besser?

Wenn Andreas Babler die nötige Infrastruktur und die vielen zusätzlichen Kassenstellen zur Verfügung stellt, gerne. Aber das kann er nicht, deshalb kann er diese Forderung auch nicht erheben.

Bablers Vorschlag ist: Wahlärzte sollen notfalls kassenmedizinische Leistungen erbringen, wenn Engpässe bestehen. Es ist völlig der Polit-Polemik geschuldet, wenn man jetzt einer Gruppe von Ärzten den Hautgout von angeblich hohen Einkünften umhängt, um sie dann bestrafen zu können. Das klingt nach Planwirtschaft und ist völlig ungerecht. Die Wahlärzte entlasten jetzt schon das Kassensystem. Ohne sie hätten wir …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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