Erstmals steht eine Frau an der Spitze eines vatikanischen „Ministeriums“: Sr. Simona Brambilla leitet das Dikasterium für Orden.
Am Dreikönigstag („Fest der Erscheinung des Herrn“) ernannte Papst Franziskus die italienische Ordensfrau Simona Brambilla zur Präfektin der vatikanischen Ordensbehörde, des „Dikasterium für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens“. Institute des geweihten Lebens sind sowohl Orden als auch sogenannte Säkularinstitute, deren Mitglieder ebenfalls Gelübde wie Ordensleute (Armut, Keuschheit, Gehorsam) ablegen, aber keine Klostergemeinschaften bilden, sondern „in der Welt“ leben; Mitglieder von Gesellschaften apostolischen Lebens müssen keine Gelübde ablegen.
Kurienreform von 2022
Dikasterien sind vergleichbar den Ministerien eines säkularen Staates – seit der Kurienreform von Franziskus 2022 heißen alle Behörden „Dikasterium“, früher gab es Kongregationen und Päpstliche Räte. An der Spitze eines Dikasteriums steht als „Quasi-Minister“ ein Präfekt, dem ein Pro-Präfekt und/oder Sekretär und ein oder mehrere Untersekretäre beigestellt sind.
Sonderstellungen nehmen das Dikasterium für die Evangelisierung (zuvor Kongregation für die Evangelisierung der Völker und Päpstlicher Rat zur Förderung der Neuevangelisierung), geleitet vom Papst höchstpersönlich, sowie jenes für die Glaubenslehre (vormals Glaubenskongregation, deren langjähriger Präfekt Kardinal Joseph Ratzinger war) ein.
Promovierte Psychologin
Simona Brambilla (* 1965), Mitglied der Consolata-Missionsschwestern, arbeitete in Mosambik und hat in Psychologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom promoviert. Von 2011 bis 2023 war sie Generalsuperiorin ihrer Ordensgemeinschaft. Dem nun von ihr geleiteten Dikasterium gehört sie bereits seit 2019 als Mitglied an.
Eigentlich war erwartet worden, dass der Papst Papst Kardinal Angel Fernandez Artime vom bisherigen Kardinalpräfekt Joao Braz de Aviz die Leitung des Dikasteriums übernehmen könnte. Nun aber wurde Kardinal Artime zum Stellvertreter (Pro-Präfekt) Brambillas bestellt.
Mit der Kurienreform wurde es prinzipiell möglich, dass Dikasterien auch von Laien beiderlei Geschlechts geleitet werden, davor musste man Kleriker sein, de facto waren es stets Kardinäle. Bislang einziger nicht geweihter Behördenleiter war der Präfekt des vatikanischen Kommunikationsdikasteriums, der Journalist Paolo Ruffini.
Kirchenrechtlich heikel
Der deutsche Kirchenrechtler Matthias Pulte sieht die Konstellation, dass eine Ordensfrau hierarchisch über einem Kardinal steht, als durchaus kirchenrechtlich heikel an, wie er gegenüber der Kathpress erklärte: Laien aus katholischer Sicht höher gestellte Stellvertreter zur Seite zu stellen, könne zu Problemen führen, so Pulte. Wobei der Experte die Entscheidung des Papstes ausdrücklich begrüßt. Es sei gut, dass eine Ordensfrau für Ordensthemen zuständig sei, ihre fachspezifische Perspektive habe ein Weltkleriker nicht zwingend. Aber hier müsse noch nachgearbeitet und das kirchliche Gesetzbuch (Codex Iuris Canonici) entsprechend angepasst werden.
„Wichtiges Signal“
Ein „wichtiges Signal“ an Weltkirche, Kardinäle und die engagierten Frauen in der Kirche sieht die österreichische Vatikanexpertin Gudrun Sailer in der Personalie. „Zum ersten Mal wirkt eine Frau beim Heiligen Stuhl auf der Ebene direkt unter dem Papst. Das war vor wenigen Jahren noch undenkbar“, so die Vatican News-Journalistin in einem Beitrag auf dem vatikanischen Nachrichtenportal. Auch dass nun ein Kardinal in der Hierarchie unter einem Laien in einer Kurienbehörde tätig ist, sei „neu und noch nie dagewesen“.
Franziskus und auch schon Papst Benedikt XVI. hätten immer wieder darauf hingewiesen, dass das Kardinalsamt „nicht Macht, sondern Dienst“ bedeute. „Und wenn das so ist, kann ein Kardinal auch mal einem Laien, ob Frau oder Mann, zuarbeiten“, meint Sailer.
Source:: Kurier.at – Politik