Ob ÖVP, SPÖ und Neos miteinander eine Regierung bilden, steht und fällt mit dem Budget. Dem Vernehmen nach gibt es erste Herzeige-Projekte – aber auch sie hängen vor allem am Geld.
Klopausen können nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Darf man mit diesem Satz einen Text über Koalitionsverhandlungen beginnen? Ausnahmsweise ja. Denn wer immer momentan mit Spitzenverhandlern von ÖVP, SPÖ und Neos sprechen will, wird – wenn überhaupt – so nur in Toiletten-Pausen zurückgerufen. „Ich sitze täglich 12 bis 14 Stunden“, erzählt ein hochrangiger Parteigänger – es gehe nicht nur um Gespräche mit den beiden anderen Parteien, sondern auch um interne Abstimmungen mit den eigenen Experten.
Wie also laufen fast elf Wochen nach der Nationalratswahl die Gespräche?
„Durchwachsen“, so der Tenor aller.
APA/HANS KLAUS TECHT / HANS KLAUS TECHT
Weder ist man kurz vor dem Scheitern, noch vor einem flotten Abschluss.
Sicher ist: Vor Weihnachten erscheint eine Einigung illusorisch. Und sicher ist zudem, dass zuletzt Sand ins Getriebe kam.
Die kommende Woche wird vielerorts als entscheidend empfunden, mehr noch: Ein SPÖ-Stratege geht so weit und sagt, man entscheide am 20. Dezember, ob die Gespräche fortgesetzt werden – oder nicht.
Ist das alles nur Theaterdonner? Mitnichten.
Einzelne Protagonisten sagen ganz offen, dass sie momentan nicht an die Einigung glauben. Zuletzt war das beispielsweise im ORF-Report der Fall, wo Neos-Mann Sepp Schellhorn die Chance auf eine Einigung mit gerade einmal 25 Prozent bezifferte.
Alles andere als optimistisch gibt sich auch der Boss der Wirtschaftskammer Harald Mahrer, der nebst anderen Proponenten des ÖVP-eigenen Wirtschaftsbundes hartnäckig darauf verweist, dass „eine Ampelregierung in dieser Form keine Existenzberechtigung hat, wenn es nicht möglich ist, den Wirtschaftsmotor wieder zu beleben“. Soll heißen: Wenn weiterhin über Steuererhöhungen oder neue Abgaben diskutiert wird, mache das keinen Sinn.
Für die These, dass sich in der kommenden Woche vieles entscheidet, spricht auch, dass Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger im Idealfall schon morgen, Sonntag, mit einer Antwort der EU zu Österreichs Budgetzahlen rechnen. Und das Budget ist letztlich der Dreh- und Angelpunkt allen Erfolges.
Denn entgegen anderslautenden Meinungen wären in einzelnen der insgesamt 33 Untergruppen zwar schon einige größere Projekte und „Leuchttürme“ auszumachen. „Allerdings“, so erzählt ein Verhandler, „stehen viele davon unter dem sogenannten Budget-Vorbehalt.“
Das bedeutet: ÖVP, SPÖ und Neos können sich vorstellen, die Projekte gemeinsam umzusetzen, wissen aber nicht, ob es am Ende auch in den Sparkurs passt bzw. finanziert werden kann.
Apropos: Auch die Frage, ob Österreich bei seinen Sparmaßnahmen ein Verfahren wegen Verletzung der Maastricht-Kriterien bewusst in Kauf nehmen soll, entzweit die Verhandler.
Während ÖVP und Neos alles tun wollen, damit ein solches Verfahren erst gar nicht eröffnet wird, sieht die Sozialdemokratie im Verfahren durchaus Vorzüge, wie der frühere SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder dies kürzlich skizzierte.
Zu all diesen Ebenen kommt eine nicht unwesentliche hinzu, nämlich: die der Länderchefs bzw. Landeshauptleute.
Besonders deutlich äußerten sich aufseiten der Volkspartei die Niederösterreicherin Johanna Mikl-Leitner, die mahnend anmerkt, man unterschätze in den Verhandlerkreisen den Ernst der Lage unterschätzt.
Der demonstrative Gram der Niederösterreicherin ist mit großer Wahrscheinlichkeit den Befürchtungen geschuldet, dass die ÖVP bei den im Jänner anstehenden Gemeinderatswahlen vergleichsweise hohe Verluste einfährt – und zwar zugunsten der Freiheitlichen.
Unzufriedenheit lässt …read more
Source:: Kurier.at – Politik