Welche Reformen sind jetzt nötig? Das empfehlen Top-Ökonomen

Politik

Die Wirtschaftsleistung wird immer kleiner, die Staatsschulden immer größer. Die Regierung hat bisher nur ein erstes Sparpaket geplant. Was darüber hinaus nötig ist.

Die Situation ist noch schlimmer als befürchtet – budgetär und wirtschaftlich. Laut Statistik Austria verzeichnete Österreich 2024 ein Budgetdefizit von 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das entspricht neuen Schulden von 22,5 Milliarden Euro und sprengt  die bisher negativsten Prognosen.  Hauptgrund ist – nebst einer kräftigen Neuverschuldung von Ländern und Gemeinden – dass die heimische Wirtschaft weiterhin schrumpft.

Diese entwickelte sich im Vorjahr EU-weit am schlechtesten und wird laut Prognosen auch heuer zu Europas Schlusslichtern zählen. Die türkis-rot-pinke Bundesregierung hat für heuer ein 6,4-Milliarden-Sparpaket vorgelegt, um die Neuverschuldung zu bremsen.

Aber wie muss sich der Staat mittel- und langfristig aufstellen? Wo kann Österreich weniger ausgeben oder mehr einnehmen? Der KURIER hat, wie schon am 10. November 2024, Top-Ökonomen um Ihre Einschätzung gebeten. Das sagen Margit Schratzenstaller vom WIFO, Franz Schellhorn vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria, Oliver Picek vom gewerkschaftsnahen Momentum Institut und die Industriellenvereinigung.

Soll die Regierung heuer noch mehr als 6,4 Milliarden Euro einsparen?

WIFO: Ein EU-Verfahren gegen Österreich wegen eines übermäßigen Defizits erscheint unvermeidbar. Das bedeutet, dass die geplanten Konsolidierungsmaßnahmen ausreichen dürften, um die EU-Vorgaben zur Verringerung des Defizits zu erfüllen. Mehr sollte nicht konsolidiert werden, weil weitere Ausgabenkürzungen oder die Erhöhung von Massensteuern die anhaltende Rezession verschärfen würden.

Agenda Austria: Ja, definitiv. Eine Reduktion der Staatsausgaben ist unerlässlich, um das Budgetdefizit zu verringern und das Vertrauen in den Standort zurückzugewinnen. Jeder weiß: Die Defizite von heute sind die Steuern von morgen. Allein heuer werden die Staatsausgaben auf 56 Prozent des BIP steigen – ganz ohne Krise, das ist verrückt. Wir müssen diesen Irrweg beenden, er führt uns immer tiefer in die Krise.

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Momentum Institut: Nein. Statt einem bescheidenen Wachstum setzt es ein drittes Rezessionsjahr in Folge. Die Regierung muss die Wirtschaft stärker ankurbeln. Sonst kommen wir aus der Krise nicht heraus. Ohne Wachstum klappt die Budgetsanierung nicht, weil Steuereinnahmen wegbrechen. Die Mehrheit der Sparpakete weltweit scheiterte, wenn Regierungen sie in schlechten Zeiten durchboxen wollten.

Industriellenvereinigung: Die Bundesregierung sollte dringend alle möglichen Einsparungspotenziale nutzen, um den Bundeshaushalt ausgabenseitig zu sanieren. Österreich braucht strukturelle Reformen. Die derzeitige Ausgabendynamik gefährdet nicht nur die wirtschaftliche Stabilität, sondern hemmt auch den Handlungsspielraum für zahlreiche Pläne für Zukunftsinvestitionen und Entlastungen. Zusätzlich spielt die Wahrung der internationalen Reputation eine zentrale Rolle: Ohne glaubwürdige Sparanstrengungen könnte Österreichs Ansehen an den Kapitalmärkten erheblich leiden.

Soll die Budgetsanierung in den nächsten Jahren ausgaben- oder einnahmenseitig sein?

WIFO: In den Folgejahren sollte der Fokus auf strukturellen ausgabenseitigen Reformen liegen, insbesondere im Föderalismus, Förderwesen, Gesundheits- und Pensionssystem. Ergänzend können strukturell sinnvolle Steuern erhöht werden, wie Umwelt- oder vermögensbezogene Steuern. Nach Bewältigung der Konsolidierung sollten aber andere Steuern, vor allem auf Arbeit, entsprechend gesenkt werden.

Agenda Austria: Die Sanierung muss ausgabenseitig erfolgen – und zwar ausschließlich. Österreich schlittert mit den höchsten Staatsausgaben der Geschichte in die tiefste Rezession aller EU-Länder. Die Politik muss damit aufhören, alte Löcher mit neuen Steuern zu stopfen. Auf die Beine kommt die Wirtschaft nicht mit höheren Steuern, sondern nur mit einem schlankeren Staat, der seinen Ausgabenrausch überwindet. 

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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