In Madagaskar wird das Mineral Mica (Glimmer), das etwa für Lipgloss verwendet wird, aber auch in Lacken und Computern zum Einsatz kommt, unter unmenschlichen Bedingungen abgebaut.
Eine kleines Mädchen siebt das Material, das glitzernd auf den Boden fällt. Daneben ihre Mutter, die mit einem stumpfen Messer die Glimmerplatten, die später noch zerkleinert werden, vom tauben Gestein löst. In ihrem Schoß ruht ihr Jüngster.
© Missio Österreich/Simon Kupferschmied
Wir befinden uns gleichsam am Ende der Welt, im schwer zugänglichen Süden von Madagaskar, dem global größten Produzenten dieses Minerals, das international Mica genannt wird – vom Lateinischen micare, das „funkeln“ oder „schimmern“ bedeutet.
„Die Bedingungen, unter denen der Bodenschatz gehoben wird, sind katastrophal und unmenschlich“, sagt der Österreicher Christoph Lehermayr. Er ist Chefredakteur des Magazins allewelt, das die Hilfsorganisation „Missio“ herausgibt, und besuchte unlängst „den Ort des Grauens“.
Hier gebe es nichts mehr: kein Geschäft, keinen Gesundheitsposten, Schule sowieso nicht, nicht einmal Handy-Empfang. Nur die Ansammlung der dürftigen, mit Palmenblättern bedeckten Hütten.
Missio Österreich/Simon Kupferschmied
Christoph Lehermayr in den Mica-Minen
„Ganze Familien haben sich hier angesiedelt, um nach Mica zu suchen, dessen Glitzern in der Kosmetik-Industrie für Glamour sorgt, etwa beim Lipgloss. Es kommt aber auch bei Lacken zum Einsatz. Und in Computern, Druckern oder LED-Lampen, weil es hohe Spannungen und Temperaturen aushält“, führt Lehermayr aus.
KURIER-Grafik, Pilar Ortega
Rund 20.000 Menschen, die Hälfte davon Kinder, schuften in 176 Minen, die, so Schätzungen, jährlich 15.500 Tonnen Glimmer abwerfen.
„Neue Lebensgrundlage“
Schon während der französischen Kolonialzeit wurde in der Region das Mineral abgebaut. Später wurde die Förderung aber eingestellt, weil sie nicht mehr rentabel gewesen sei.
© Missio Österreich/Simon Kupferschmied
„Doch schon vor Jahren“, erzählt Lehermayr, „wurden die Minen neu entdeckt. Der Grund: Wegen des Klimawandels vertrockneten die Ernten der Bauern, ihre Tiere starben. Sie mussten eine neue Lebensgrundlage finden.“
© Missio Österreich/Simon Kupferschmied
Doch die erweist sich mitunter als tödlich: „Die Männer treiben die Stollen mit bloßen Händen, also mit Hammer, Meisel und Brechstangen, voran. Absicherung gibt es aber keine, immer wieder stürzen die rund 1,5 Meter hohen Röhren in sich zusammen, und Menschen sterben bei diesem Knochenjob“, so der allewelt-Chef.
© Missio Österreich/Simon Kupferschmied
Alle in der Familie müssten zusammenhelfen: Die Schwerstarbeit in den Stollen fällt Männern und Burschen zu, die leichtere Arbeit den Ehefrauen und Kindern. Lohn der Plackerei: gerade einmal fünf Cent pro Kilogramm Mica. Nahezu der gesamte Export würde nach China gehen, betont Lehermayr, dort würde das Material noch ein wenig veredelt (pulverisiert) und teilweise unter anderem nach Europa geliefert – um zwölf Euro das Kilo. Das heißt: Ein Verarbeiter in Österreich beispielsweise zahlt das 240-Fache dessen, was die Schürfer in Madagaskar erhalten.
© Missio Österreich/Simon Kupferschmied
„Ein bis zwei Mal die Wochen steuern Lkws diese verlassene Gegend an, um das Mica abzuholen. Dabei nehmen sie nur die beste Ware mit, wessen Material durchfällt, steht ohne Geld da. Wenn die Laster nicht durchkommen, etwa weil es zu stark geregnet hat, ebenso.
50 Dollar Monatseinkommen
Im Schnitt erhalten die Familien 50 bis 60 Dollar im Monat“, sagt Lehermayr. Wobei vieles dann gleich auch wieder weg sei: „Die Lkw bringen auch Grundnahrungsmittel mit, die teuer bezahlt werden müssen. Rund um die Mine …read more
Source:: Kurier.at – Politik