Dass Donald Trump in den USA nun den Ton angibt, könnte zu einer weiteren Spaltung der Europäischen Union führen, warnen EU-Experten.
Brüsseler EU-Experten sehen ein großes Risiko, dass die Europäische Union unter einem US-Präsidenten Donald Trump noch weiter auseinanderdriftet.
Dass Trump zu seiner Amtseinführung keine offiziellen EU-Vertreter, aber Rechtsnationalisten wie Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eingeladen hatte, dürfte bezeichnend für seine Amtszeit werden. Zum Unterschied zur ersten Amtsperiode seien rechtsextreme Kräfte heute normal, und Trump habe in den USA sehr viele Befürworter.
Er sei „verblüfft über die Flut von Kommentaren in den Medien in diesen Tagen“, sagt Jean-Louis De Brouwer, EU-Direktor beim belgischen Egmont-Institut, im Gespräch mit der APA. Nichts, was Trump seit seinem Amtsantritt am Montag getan habe, sei „überraschend oder unvorhersehbar“ gewesen. „Er setzt jetzt um, was er angekündigt hat. Das war seit dem 6. November (Tag der US-Wahl, Anm.) bekannt. Im Gegensatz zu vor acht Jahren, wo jeder überrascht war“, vergleicht er Trump I mit Trump II.
EU nicht besser vorbereitet, als bei Trumps erster Präsidentschaft
Der Belgier denkt trotzdem nicht, dass die EU diesmal besser vorbereitet ist als 2016, wie ihre offiziellen Vertretenden nicht müde werden zu betonen.
Elizabeth Kuiper, assoziierte Direktorin des Brüsseler Think Tanks European Policy Centre (EPC) und Vorstandsmitglied der NGO „Defend Democracy“, ist dagegen davon überzeugt, dass Trump selbst besser vorbereitet sei als bei seiner ersten Amtsübernahme: „Es ist ein großer Fehler zu denken, Trump II wird Trump I ähneln. Seine politische Unterstützung in den USA ist überwältigend. Er wird viel mehr akzeptiert, seine polarisierende Taktik ist normal geworden“, so Kuiper im Gespräch mit der APA.
„Normalisierung des Extremen“
EPC-Geschäftsführer Fabian Zuleeg spricht von einer „Normalisierung des Extremen“ und nennt Österreich als Beispiel: „Was derzeit in Österreich passiert, zeigt, dass es auch in Europa passiert.“
In einer gemeinsamen Dreier-Diskussionsrunde mit dem ehemaligen EU-Botschafter in den USA João Vale de Almeida diese Woche bekräftigte EPC-Experte Janis A. Emmanouilidis, auch in Europa gebe es in den vergangenen Jahren einen „Trend zu rückschrittlichen, illiberalen Kräften. Sie bejubeln Trumps Sieg und glauben, dass er ihnen helfen kann, an der Macht zu bleiben oder sie zu übernehmen.“
„Ende des Anstands in der Politik“
Dass sehr viele Rechtsaußen-Politiker zur Amtseinführung eingeladen wurden und andere nicht, bezeichnet Botschafter de Almeida als „sehr beunruhigend“. Er befürchtet ein „Ende des Anstands in der Politik“. De Almeida war von 2010 bis 2014 EU-Delegationsleiter in den USA. „Was in Amerika passiert, bleibt nicht in Amerika. Wir werden es in Europa spüren.“ Emmanouilidis meint, Trump II „wird uns kollektiv und individuell auf die Probe stellen. Es wird schwierig werden, vor allem wenn es um die Geschlossenheit der 27 (EU-Staaten, Anm.) geht.“
„Wir werden sehen, ob wir in der Lage sind, ruhig, cool und vereint zu bleiben. Ich habe gewisse Zweifel“, so der EU-Experte. Botschafter de Almeida teilt die Sorge um eine fehlende Einigkeit der Europäer: „Die Kosten sind sehr hoch. Was individuell vereinbart wird, wird sich rächen.“ EPC-Chefökonom Zuleeg warnt vor dem „Feind im Inneren“ der EU: Die Rechtsaußen-Kräfte würden „alles tun, um zu sabotieren und Trump zu helfen, Europa zu spalten“. Der US-Präsident habe „praktisch keinen …read more
Source:: Kurier.at – Politik