Justiz und Polizei. Vom Alltagsgeschäft der Ermittler bis zur großen Korruptionscausa.
Diese Woche wurde im Nationalrat die Reform der Datensicherstellung beschlossen. Mit 1. Jänner 2025 gelten neue Regeln, wenn die Polizei ein Handy bzw. andere Datenträger in die Hände bekommt.
Zentraler Punkt ist, dass die Staatsanwaltschaften in ihren Anordnungen künftig genau definieren müssen, welche Daten sie brauchen – und ein Richter dies genehmigen muss. Zudem muss die Auswertung transparent gestaltet sein. Das hat der Verfassungsgerichtshof eingefordert, als er die bis dato geltende Regelung gekippt hat.
Klar ist aber: Nicht jede Handysicherstellung greift so tief in die Privatsphäre eines Beschuldigten (und seines Umfeldes) ein wie jene bei Ex-ÖVP-Intimus Thomas Schmid, die eine Lawine an Verfahren ausgelöst hat – und die viele in der Debatte wohl im Hinterkopf hatten.
Das neue Gesetz soll im „Alltagsgeschäft“ der Ermittler funktionieren, so die Zielvorgabe von Praktikern. Enthalten sind deshalb Regelungen für „Gefahr im Verzug“ sowie für den punktuellen Zugriff auf Daten. Der größte Streitpunkt in den politischen Verhandlungen war der Umgang mit Zufallsfunden und die Frage, wer Zugang zum gesamten Datenschatz hat.
Wie sich dies nun in der Praxis gestalten soll, schildert der KURIER anhand von drei Fallbeispielen:
Die Polizei schnappt einen Dealer auf offener Straße Beamte dürfen sofort ins Handy des Verdächtigen schauen und nach Kommunikation mit Komplizen oder Abnehmern suchen – so wie bisher schon; das neue Gesetz schafft nur den rechtlichen Rahmen dafür. So ist auch geregelt, dass die Sichtung protokolliert und nachträglich genehmigt werden muss.
Die „Gefahr im Verzug“-Regelung wurde für Fälle geschaffen, in denen es schnell gehen muss, beispielsweise, weil jemand „verschwindende Nachrichten“ eingestellt hat oder Mittäter flüchten könnten. Selbiges gilt bei Mord oder Terror-Delikten.
Allerdings:
Wenn der Verdächtige nicht mitspielt bzw. sich das Handy nicht entsperren lässt, müssen IT-Forensiker konsultiert werden, um es zu knacken – und das kann dauern bzw. bei neueren Modellen ganz scheitern.
Einem Mann wird in der U-Bahn die Geldbörse gestohlen Sobald der Betroffene eine Anzeige macht, geht die Polizei zu den Wiener Linien und bittet um ein Lichtbild bzw. eine Aufnahme aus den Überwachungskameras von Ort und Zeitpunkt der Tat. Auch das ist jetzt schon Usus – und im neuen Gesetz als „punktueller Zugriff“ geregelt. Ohne diese Regelung müsste die Polizei den gesamten Server sicherstellen, was überschießend wäre. Darauf haben Fachleute im Vorfeld aufmerksam gemacht.
Dasselbe gilt, wenn die Polizei bei einem Bankomatkarten-Diebstahl nur eine Aufnahme davon braucht, wie der Täter versucht, Geld abzuheben; oder bei einer Körperverletzung nur einen Befund aus einem Spital.
Hausdurchsuchung bei einem Ex-Generalsekretär wegen Verdachts auf Korruptionsdelikte Bei einem Fall wie Thomas Schmid müsste sich die Staatsanwaltschaft in Zukunft nicht nur die Hausdurchsuchung, sondern auch die Beschlagnahme von Daten und Datenträgern richterlich genehmigen lassen. In einer Anordnung könnte sie etwa definieren, dass Kommunikation mit bestimmten Personen aus einem bestimmten Zeitraum sichergestellt wird, um zu ermitteln, ob es Absprachen gab.
Nach der Beschlagnahme wird der gesamte Datenbestand gespiegelt. Eine Arbeitskopie wird dann anhand des abgesteckten Rahmens durchsucht – etwa mit Stichworten. Theoretisch dürfen das die Staatsanwaltschaften selbst machen. Im Regelfall, heißt es dort, übernehmen das aber Datenforensiker im Innenministerium oder in den Landeskriminalämtern …read more
Source:: Kurier.at – Politik