
Politiker erzählen ziemlich viel, selbst wenn sie gar nicht sprechen. Roman Braun weiß das. Braun ist NLP-Experte (Neurolinguistisches Programmieren, Anm.) und Rhetorik-Coach. Er hat Körpersprache und Rhetorik der Wiener Spitzenkandidaten analysiert.
Im Gespräch mit dem KURIER erklärt er, was SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig mit einem König gemein hat, was an Grünen-Chefin Judith Pühringer musenhaft wirkt – und welche Sprachmuster authentisch und welche aufgesetzt wirken:
Michael Ludwig
„Der amtierende Bürgermeister glänzt dadurch, dass er Diskussionen mit der Konkurrenz meidet. Das ist aus seiner Sicht durchaus richtig“, sagt Braun. Warum? „Ludwig hat in den Umfragen einen derartigen Vorsprung, dass er mit öffentlichen Debatten die Gegner nur aufwerten würde.“
So geschehen auch bei der KURIER-Runde der Spitzenkandidaten, wo sich der Wiener SPÖ-Chef durch seinen Klubchef Josef Taucher vertreten hat lassen.
Für den NLP-Trainer war Taucher der richtige Mann für den Job („Er gibt sich aggressiver und lebhafter als Ludwig“). Bei der Erklärung, warum Ludwig Taucher ins Rennen geschickt hat, sieht Braun aber Luft nach oben. „Die SPÖ hat das Nicht-Kommen damit argumentiert, dass Michael Ludwig wahlkämpft und lieber den Bürgern zur Verfügung steht. Ich wäre es radikaler angegangen. Und zwar mit der Erklärung, dass Ludwig nicht mit der Konkurrenz diskutiert, weil die konstruktive Arbeit im Amt passiert – das wäre stärker gewesen.“
TRINERGY International/Foto Weinwurm GmbH.
Ganz generell spricht der NLP-Trainer von drei Typen, die körpersprachlich unterschieden werden können: Der Macher, die Muse und der Mentor.
„Ludwig fällt in die Mentoren-Ecke. Er wirkt wie ein gütiger König, der über den Dingen steht.“ Seine Bewegungen seien kontrolliert, gelassen. „Das lässt ihn ruhig und verlässlich erscheinen.“ Die Kehrseite: Der Bürgermeister wirkt bisweilen passiv und kann ins Distanzierte abgleiten. „Formate wie die ZIB2, wo er sehr schnell reagieren muss, sind nicht so sein Terrain.“
APA – Austria Presse AgenturJudith Pühringer
„Die Grünen-Chefin ist in den Primärgefühlen stark“, sagt Braun. Das gehöre zum Typus der „Muse“, der echte Emotionen zeigt, aber die Amplitude kontrolliert. „Bei Frauen ist das eine Alpha-Position: Sie vermittelt: Ich habe Emotionen – und ich habe sie unter Kontrolle.“ Im Unterschied zu Bundessprecher Werner Kogler verstehe es Pühringer, Sätze emotional zu beginnen und schlüssig zu beenden. Die Gestik sei dynamisch und asymmetrisch, sprich: Pühringer macht mit der rechten Hand eine Faust, setzt dann mit der anderen fort. „Die Körpersprache ist lebhaft, sie unterstützt die Argumentation bei Themen wie dem Klimaschutz oder der sozialen Gerechtigkeit.“ Die Mimik sei stark, die Gesichtsausdruck unterstreiche ihre Botschaften.
APA/HANS KLAUS TECHT / HANS KLAUS TECHTDominik Nepp
Im deutlichen Gegensatz zu Pühringer agiert der freiheitliche Parteichef. „Dominik Nepp habe eine weitgehend „regungslose Mimik: Die Augenlieder hängen leicht, er schaut Gegner oft von der Seite an. Das signalisiert: An mir perlt alles ab, niemand berührt mich“.
Im Ganzen sei die Körpersprache des FPÖ-Chefs konfrontativ und in einer aggressiven Grundhaltung. „Die Gestik ist direkt, sie soll Stärke und Entschlossenheit unterstreichen.“
Dadurch, dass Nepp kaum in die Emotion gehe, wirke er mitunter abgehoben und unauthentisch. „Diese Form der Kommunikation wirkt auf gemäßigte Wähler oft abschreckend.“
APA – Austria Presse AgenturKarl Mahrer
Der Wiener ÖVP-Chef ist in seiner Körpersprache nicht authentisch, Braun spricht von einer „aufgesetzten Emotionalität“. Das merke …read more
Source:: Kurier.at – Politik