Wiens Ex-Bürgermeister Häupl: „Ich bin nicht der Chef-Psychiater der SPÖ“

Politik

Der ehemalige Wiener Bürgermeister über die Koalitionsverhandlungen, den Wahlerfolg von Hans Peter Doskozil und warum er nach Trumps-Rede ein Viertel gebraucht hat.

Dass FPÖ-Chef Herbert Kickl Bundeskanzler werden könnte, hält Wiens SPÖ-Altbürgermeister Michael Häupl für eine bedauerliche Entwicklung. Er rechnet auch damit, dass Blau-Türkis gegen die Bundeshauptstadt Wien hetzen wird.

KURIER: Herr Häupl, wir leben in politisch turbulenten Zeiten. Mischen Sie da im Hintergrund noch mit oder sind Sie nur noch Beobachter?

Michael Häupl: Da mische ich nicht mit. Ich würde das auch für völlig ungehörig halten. Wenn jemand wissen will, was ich zu einer bestimmten Frage meine, dann ruft er mich an. Dann reden wir unter zwei Ohren und zwei Mündern. Aber das war’s schon.

Mit Ihrer langen politischen Erfahrung – wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung, die am Ende einen Kanzler Herbert Kickl bringt?

Das ist eine sehr bedauerliche Entwicklung. Natürlich muss man Wahlergebnisse zur Kenntnis nehmen, aber diese müssten ja nicht so sein. Viele, die die FPÖ gewählt haben, sind der irrigen Meinung, dass diese ihnen in ihrer Lebenssituation hilft. Schauen wir mal.

Früher hat sich die FPÖ als die Partei des kleinen Mannes positioniert, jetzt tritt sie auch als Wirtschaftspartei auf und hat fast 30 Prozent der Stimmen erhalten. Trifft diese Partei den Nerv der Menschen auf allen Ebenen?

Rechtspopulisten sind ja nicht nur in Österreich auf dem Vormarsch. Man muss sich ja nur in Europa umschauen. Oder in Amerika, wenn ich mir die Rede des neuen alten amerikanischen Präsidenten anschaue. Von dort ist Frau Fürst von der FPÖ zurückgekommen und hat gesagt, dass das alles großartig ist und dass man das jetzt auch machen will. Da wünsche ich vor allem der ÖVP viel Spaß und Vergnügen dabei.

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Interessant ist, dass wegen der vergangenen Krisen sehr viel Fördergeld mit der Gießkanne ausgeschüttet worden ist. Das hat aber nicht dazu geführt, dass die Wähler die ÖVP und die Grünen dafür belohnt haben.

Ich muss ehrlich sagen, ich habe noch nie irgendein Schreiben bekommen, wo jemand Dankbarkeit dafür ausgedrückt hat, dass die Politiker auf Gehaltserhöhungen verzichtet haben. Für das wird man nicht gewählt, man wird für Stimmungen gewählt, letztendlich auch für das Vertrauen, das die Menschen in bestimmte Personen haben. Dazu muss man natürlich auch die entsprechenden Inhalte haben, dass man weiß, wofür eine Partei steht.

Die Verhandlungen für die Dreierkoalition sind gescheitert. ÖVP und Neos geben dafür Ihrem Bundesparteivorsitzenden Andreas Babler die Schuld.

Alles, was über das Verhandlungsgeschick oder -ungeschick von Andreas Babler gesagt wird, halte ich für Unsinn. Er hat sich nicht verbogen. Er ist so, wie er ist. Was er vor der Wahl gesagt hat, hat auch danach gegolten, obwohl er schon viel nachgelassen hatte. Die ganzen Vermögenssteuern waren ohnehin schon vom Tisch.

Bei Koalitionsverhandlungen geht es immer um Kompromisse.

Die SPÖ hat ja zur Kenntnis genommen, dass mit der ÖVP und den Neos die Vermögenssteuern nicht zu machen sind. Ich meine, mehr Kompromiss geht nimmer.

Andererseits hat man geglaubt, dass die Verhandlungen funktionieren müssen, weil ja auch die Sozialpartnerschaft mit der Wirtschaftskammer und dem ÖGB vertreten war. Und weil es im Hintergrund Menschen wie Sie oder Ihren Freund …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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