Thomas Schmid wartet seit zwei Jahren auf eine Entscheidung. Zu lange, findet Strafverteidiger Johannes Zink. Insgesamt gebe es im jetzigen System zu wenig Anreize und Sicherheit für Insider, um bei Ermittlungen mitzuwirken.
48 Mal wurde die Kronzeugenregelung im Jahr 2022 genutzt, im Jahr darauf nur drei Mal. Heuer gab es erst einen Fall (siehe Grafik unten).
In der Justiz kann man sich diesen Abwärtstrend ohne genauen Blick in die Akten nicht erklären. Aber es gibt eine Vermutung: Ist das der „Schmid-Effekt“?
Ex-Finanz-General Thomas Schmid hat mit seinem Geständnis ÖVP-Politiker und Unternehmer belastet, im November 2022 den Kronzeugenstatus beantragt – und wartet bis heute auf eine Entscheidung. In der Zwischenzeit lassen seine Gegner nichts aus, um ihn zu diskreditieren und Zweifel zu schüren.
Der KURIER hat mit Strafverteidiger Johannes Zink gesprochen, der beim Handbuch zur Kronzeugenregelung mitgewirkt hat.
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KURIER: Glauben Sie, dass Schmid Kronzeuge wird?
Johannes Zink: Ich gehe fix davon aus.
Verteidiger mehrerer Beschuldigter sehen das anders. Sind das taktische Manöver oder ist die Rechtsfrage wirklich strittig?
Es ist Aufgabe der Verteidigung, so ein Stimmungsbild zu schaffen. Am Ende gilt das Gesetz, und das ist sehr, sehr klar.
Ihre Kollegen – unter anderem Norbert Wess, Werner Suppan und die Kanzlei Ainedter – liegen also falsch?
Keines der mir bekannten Argumente kann meiner Meinung nach dazu führen, dass Schmid den Status nicht bekommt. Erstens steht im Handbuch des Justizministeriums zur Kronzeugenregelung klar, dass man auch Kronzeuge werden kann, wenn man schon Beschuldigter ist. Zweitens: Es hat Zwangsmaßnahmen gegen ihn gegeben (die Hausdurchsuchung 2019), zu dem Zeitpunkt wurde aber noch nicht zu jenen Vorwürfen ermittelt, die er später (im Sommer 2022) freiwillig preisgegeben hat. Ein drittes Argument ist, dass er sich bei einer Jahreszahl geirrt hat.
Und er hat behauptet, er habe niemandem gesagt, dass Investor Ronny Pecik ihm Luxusautos geliehen hat. Es ist aber belegt, dass er andere daran teilhaben ließ.
Dass er sich nicht mehr erinnern konnte, betrachte ich in der Gesamtschau als marginale Unschärfe.
Er wirft Pecik immerhin Bestechung vor. Was, wenn sich das als falsch herausstellt?
Würde man herausfinden, dass ein potenzieller Kronzeuge gelogen hat, dann würde er den Status nicht verdienen. Ein Kronzeuge würde den Status verlieren, wenn man später herausfindet, dass er gelogen hat. In diesem Fall sehe ich das aber nicht als gegeben an.
Warum wollen die Verteidiger verhindern, dass er Kronzeuge wird?
Es ist eine Lektion aus den Telekom-Prozessen, dass ein Kronzeuge eine enorm hohe Glaubwürdigkeit entfaltet. Deshalb bekämpft man das in einem frühen Stadium.
WKStA und die Fachaufsicht brauchen jetzt schon zwei Jahre für die Entscheidung. Ist das zu lang?
Es ist definitiv zu lange, auch wenn ich Verständnis dafür habe, dass es dauert, wenn man sauber und penibel prüft. Ich denke, dass nicht nur Schmid, sondern auch all jene, die von seinen Aussagen betroffen sind, ein Recht darauf haben, endlich Klarheit zu bekommen. Die hängen ja auch in der Luft. Die Justiz sollte sich insgesamt bemühen, schneller zu werden.
Sie sagen, ein Kronzeuge kann den Status wieder verlieren. Eine Sicherheit gibt es also noch länger nicht?
Ja, die Staatsanwaltschaften vergeben dieses Privileg in der ersten Entscheidung nur unter Vorbehalt. Nehmen …read more
Source:: Kurier.at – Politik