
80.000 Euro kostete die Erhebung, die ein externes Institut in einer Laufzeit von 21 Monaten durchgeführt hat. „Vieles“ davon wurde umgesetzt. Veröffentlicht wird nichts.
Die Justiz wird das leidige Thema Verfahrensdauer nicht los. Denn obwohl sich Österreich mit der Durchschnittsdauer von Ermittlungsverfahren im EU-Spitzenfeld bewegt, sind es die großen, prominent besetzten Causen, die immer wieder für Kritik sorgen.
In der Buwog-Affäre, die fast 16 Jahre gedauert hat, gab es jüngst einen Rüffel vom Obersten Gerichtshof: Durch die überlange Dauer sei das Recht der Beschuldigten auf ein „faires Verfahren“ laut Menschenrechtskonvention verletzt worden.
Ein Aufreger war das Thema Verfahrensdauer schon zum Amtsantritt von Ministerin Alma Zadić 2020: Die Grüne setzte sich über ihre gesamte Amtszeit dafür ein, dass die Ressourcen bei den Staatsanwaltschaften aufgestockt werden – und versprach gleichzeitig mehr Effizienz.
Eine Evaluierung sollte Klarheit schaffen, wo es bei den Großverfahren hakt. Die startete im Frühjahr 2021 beim Austrian Center for Law Enforcement (ALES) am Institut für Strafrecht der Uni Wien.
Laut Auskunft des Justizministeriums wurden eine bundesweite Online-Umfrage unter (Ober-)Staatsanwälten und Ermittlern, die mit Großverfahren betraut sind, sowie Workshops durchgeführt, um die „als solche wahrgenommenen Herausforderungen zu identifizieren“.
Die Projektlaufzeit betrug 21 Monate, die Gesamtkosten beliefen sich auf 79.762,80 Euro.
Grüne Transparenz
Veröffentlicht wurden die Ergebnisse, die seit 2023 vorliegen, freilich nie. Auf KURIER-Nachfrage heißt es, dass eine Veröffentlichung auch nicht geplant sei.
Die Begründung: Viele der im Rahmen der Evaluierung untersuchten legistischen Aspekte seien heuer bereits in Kraft getreten. Darüber hinaus arbeite man „laufend an der Unterstützung und Entlastung der Strafjustiz“.
Welche Aspekte aus der steuergeldfinanzierten Expertise das Ministerium nicht umsetzt, bleibt offen. Ebenso die seit Jahren brennende Frage, woran es bei Großverfahren konkret hakt. Und die undifferenzierten Schuldzuweisungen in der Öffentlichkeit gehen weiter – seit der Buwog-Causa wieder verstärkt.
Spannend ist, dass ausgerechnet eine Grün-Politikerin so agiert. Transparenz war in den Wahlkämpfen der Grünen neben Klimaschutz das wichtigste Thema – mit Zadić an vorderster Front. In der türkis-grünen Regierungszeit wurde das Amtsgeheimnis abgeschafft, 2023 haben die Grünen ihr Transparenzpaket gefeiert. „Wir haben für dein Recht auf Information gekämpft“, lautete der Slogan.
Ein Punkt, der sogar in der Verfassung verankert wurde, ist die verpflichtende Veröffentlichung von Studien, Gutachten und Umfragen – recht weit definiert als „von Dritten erbrachte entgeltliche Werke, die die Erbringung von geistigen Leistungen zum Inhalt haben“.
Nur „Vorarbeiten“
Streng genommen fällt die ALES-Evaluierung nicht darunter, weil sie vor Inkrafttreten des Gesetzes in Auftrag gegeben wurde.
Aber Zadić, die nunmehr als Abgeordnete im Nationalrat sitzt, liefert ohnehin eine andere Erklärung für die Geheimhaltung: Auf KURIER-Anfrage heißt es, es habe sich um „Vorarbeiten für eine interne Evaluierung“ gehandelt, diese sei zu ihrer Amtszeit noch nicht abgeschlossen gewesen. Verwiesen wird auf das Kabinett der aktuellen Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ).
Dort kann man Laufzeit und Gesamtkosten beziffern – was eher für ein abgeschlossenes Projekt spricht. Zudem heißt es, dass die von ALES ausgesprochenen Empfehlungen in einen „vorliegenden internen Projektbericht“ eingeflossen sind, der als Arbeitsgrundlage für die weiterführenden Arbeiten dient.
Source:: Kurier.at – Politik