Aber Österreichs Dominanz jetzt nur auf die Anzüge zu schieben ist, um es in der Skispringersprache zu sagen, ein Kacherl.
Es kam dann, wie es kommen musste. Wann immer ein Team die Konkurrenz zu Statisten degradiert und sie dabei teilweise regelrecht vorführt, dann sind die Verschwörungstheorien nicht weit.
Wer erinnert sich nicht an das sagenumwobene Schweizer „Wunderwachs“, das Ski-Trainer des ÖSV verzweifelt ins Treffen führten, als die Eidgenossen den Österreichern bei der Ski-WM 1987 in Crans Montana um die Ohren fuhren.
Bei den ÖSV-Skispringern sollen’s nun sogenannte „Wunderanzüge“ sein, die Stefan Kraft & Co. Flügel verleihen. Seit dem Dreifachsieg beim Tourneestart in Oberstdorf wird das Tuscheln rund um den Schanzentisch immer lauter: Nach dem Motto: Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen. Da muss doch etwas Verbotenes in der Luft liegen.
„Wir kratzen uns am Kopf und fragen uns, was sich die Österreicher ausgedacht haben“, moniert der Norweger Johann Andre Forfang. „Es ist ungewöhnlich, dass eine Nation auf diese Art und Weise dominiert, wie die Österreicher das tun“, wundert sich sein Teamkollege Halvor Egner Granerud.
Innovation
Einmal abgesehen davon, dass die Österreicher nicht erst seit dieser Tournee im Skispringen die Lufthoheit haben – es sei nur an den Gesamtweltcupsieg von Stefan Kraft, die Triumphe im Nationencup und Olympiagold im Teambewerb erinnert – diese Dominanz jetzt nur auf die Anzüge zu schieben ist, um es in der Skispringersprache zu sagen, ein Kacherl.
Oder in den Worten von ÖSV-Sportdirektor Mario Stecher: „Die sollen sich selbst bei der Nase nehmen. Wir haben uns halt zeitgerecht mit dem neuen Reglement befasst.“
Die Erfolge fliegen den österreichischen Springern nicht einfach so zu. Sie sind von langer Hand geplant und teilweise penibel durchorchestriert. Ein Puzzleteil ist die Innovationsabteilung, die der ÖSV und der Österreichische Rodelverband gemeinsam betreiben, das Forschungszentrum für Schnee, Ski- und Alpinsport. „Unsere Leute sind rund um die Uhr im Einsatz, da ist heute sehr viel Know-how drinnen“, erklärt Sportdirektor Mario Stecher.
Bei den Sprunganzügen haben die österreichischen Athleten tatsächlich einen psychologischen Vorteil. Der ÖSV ist als einziges Team im Besitz von roten Anzügen. ÖSV-Trainer Balthasar Schneider hat sich bei der Anzugfirma, die sämtliche Nationen ausstattet, frühzeitig und exklusiv den roten Stoff gesichert, das ÖSV-Rot, wie es der Vorarlberger nennt.
Es ist der perfekte Stoff für kleine Psychospielchen, für die gerade die hochsensiblen Skispringer bekanntlich sehr anfällig sind. Weil die Österreicher allen um die Ohren fliegen, herrscht nun plötzlich bei der internationalen Konkurrenz Alarmstufe Rot-weiß-rot.
Die Forschungsabteilung des ÖSV unter der Leitung von Michael Gufler expandiert ihre Ideen und Innovationen mittlerweile längst erfolgreich auch in andere Sportarten. So trug Kitesurfer Valentin Bontus bei seinem Olympiasieg 2024 in Paris einen Anzug Made by ÖSV.
Source:: Kurier.at – Sport