Tun wir nicht so überrascht, dass eine WM-Vergabe nach Saudi-Arabien möglich ist! Alles andere wäre eine riesige Überraschung gewesen.
Die Fußball-WM 2034 wird in Saudi-Arabien stattfinden. Das wurde soeben von FIFA-Chef Gianni Infantino verkündet – nach einer Online-Abstimmung der Weltverbands-Mitglieder.
Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in falsche Argumentationslinien gelangen, wie es seinerzeit bei Katar passiert ist. Die Argumente gegen eine Fußball-WM in Saudi-Arabien findet man nicht in einer fehlenden Fußball-Tradition oder in den hohen Temperaturen.
Ja, die Todesstrafe ist ein Argument, aber leider ein wackeliges, vor dem Hintergrund, dass auch in den USA, wo die nächste Fußball-Weltmeisterschaft stattfindet, weiterhin Straftäter hingerichtet werden.
Geld regiert die Welt
Wenn man gegen die Fußball-WM in Saudi-Arabien argumentiert – so ehrlich muss man sein – muss man sich gegen das gesamte aktuelle System des Weltsports aussprechen.
Dass sich Riad bewirbt, war abzusehen. Dass die FIFA unter Gianni Infantino alles tut, damit das riesige Land das Turnier ausrichten darf, war ebenfalls keine Überraschung. Es reicht ein Blick auf die Konten der Weltverbände, nicht nur im Fußball. Denn Entwicklung ist scheinbar nur noch mit dem großen Geld möglich. Je größer die Finanzspritze, desto stärker überstrahlt sie die Kritik.
Was blieb von der WM in Katar? Wer fragt zwei Jahre später noch, wie es den Arbeitern auf den Baustellen und den Hausangestellten in den Palästen geht? Und ob die neu ausgehandelten Arbeitsrechte auch wirklich eingehalten werden, jetzt, da die Scheinwerfer nicht mehr auf Katar gerichtet sind?
Und wer fragt nach, wie es den Hinterbliebenen des saudischen Aufdeckerjournalisten Jamal Khashoggi geht, der mutmaßlich unter der Regie von Kronprinz Mohammed bin Salman in einen Hinterhalt gelockt, ermordet und zerstückelt wurde?
Am Ende redet die Sportwelt nicht mehr davon, sondern vom perfekten Rasen, der einzigartigen Architektur, den wunderbaren Trainingsbedingungen und dem Abschneiden der jeweiligen Teams. Menschenrechte egal, the show must go on, die Industrie verlangt eben nach dem großen Geld und der großen Entwicklung. Der Nahost-Experte Sebastian Sons vom Thinktank CARPO hat kürzlich im KURIER davon gesprochen, dass ein „gewisser Gewöhnungseffekt“ eingetreten sei beim Sportfan in Europa.
The Big Spender
Saudi-Arabien hat sich im Weltsport mit insgesamt knapp 1.000 Sponsorenverträgen unverzichtbar gemacht. Etwa durch exorbitante Finanzspritzen des staatlichen Erdölunternehmens Aramco, des Staatsfonds PIF oder durch den möglichen Milliarden-Einstieg beim Streaming-Anbieter DAZN. Sogar auf den Skisport soll das Wüstenland ein Auge geworfen haben. 400 Millionen soll der luxemburgische Finanzinvestor CVC für die Medien- und Sponsorenrechte der FIS geboten haben. Bei CVC ist wiederum der saudische Staatsfonds als Geldgeber involviert.
Fehlen noch die echten Argumente gegen Saudi-Arabien als salonfähiger Ausrichter. Natürlich gibt es die: Fehlende Meinungs- und Pressefreiheit, fehlende Frauenrechte, mutmaßlich zigtausende politische Gefangene, 13 Millionen Gastarbeiter (ein Vielfaches von jenen in Katar) und das dazugehörige Kafala-System, Unterstützung von internationalen Terrororganisationen, Krieg im Jemen.
Aber der Ball wird dort rollen. Und die Bilder werden gewaltig sein.
Source:: Kurier.at – Sport